Zurück 19 Jan 2023 · 7 min lesezeit
von Hanna Eggebrecht

Eine Depression als solche zu identifizieren kann für Betroffene schwer sein. Oft sind unspezifische Probleme wie Morgentiefs, allgemeine Kraftlosigkeit oder Schmerzen der Grund für einen Arztbesuch. Wie ein Morgentief entsteht und was es mit einer Depression zu tun hat, ist in diesem Artikel zusammengefasst.

Was ist ein Morgentief?

Ein Morgentief ist eine Schwankung im Schlaf-Wach-Rhythmus, bei der es zu morgendlicher Ver­schlech­te­rung der Stimmung kommt. In der Regel ist die Stimmung am Abend oder Nachmittag in diesem Zusammenhang deutlich besser

Ein Morgentief ist besonders charakteristisch für eine chronische Depression und kann hierbei regelmäßig auftreten. Auch bei gesunden Personen können Morgentiefs vorkommen, diese sind dann allerdings nicht so ausgeprägt und treten nicht regelmäßig auf.

Daran erkennst du ein Morgentief

Typische Morgentief-Symptome sind zum Beispiel:

  • Niedergeschlagenheit und Traurigkeit beim Aufwachen
  • Gereiztheit
  • Kopfschmerzen oder Migräne unmittelbar nach dem Aufwachen
  • Gefühl von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit 
  • Negative Gedanken und Grübeln (Warum soll ich überhaupt aufstehen?)
  • Wenig Kraft und Antrieb. 

Symptome einer Depression

Bei einer Depression gibt es verschiedene Haupt und Nebensymptome. 
Die Hauptsymptome sind Freudlosigkeit, Interessenverlust, verminderter Antrieb und Aktivitätdepressive/ gedrückte Stimmung.

Die Nebensymptome können psychisch und körperlich sein:
vermindertes Konzentrationsvermögen, ausgeprägte Müdigkeit nach kleinster Anstrengung, Schlafstörungen, Appetitminderung, Beeinträchtigung von Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, Gedanken über eigene Wertlosigkeit, Gedanken an den Tod oder Suizid, Früherwachen, Morgentief, Gewichtsverlust, Libidoverlust.

Depression erkennen: Zwei-Fragen-Test

Beantworte diese zwei Fragen für dich mit Ja oder Nein:

  1. Fühltest du dich in den letzten zwei Wochen häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos? 
  2. Hattest du in den letzten zwei Wochen deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die du sonst gerne tun würdest?

Wenn beide Fragen mit “ja” beantwortet wurden, solltest du dir ärztliche bzw. psychotherapeutische Hilfe holen. Wenn du nicht so eindeutig antworten konntest, kannst du hier auch unseren wissenschaftlichen Selbsttest machen. Er zeigt dir, ob mögliche Anzeichen einer Depression vorliegen. 



Depression und Morgentief: Was hilft?

Wenn man unter Morgentiefs infolge von bzw. im Zusammenhang mit einer Depression leidet, dann hilft in erster Linie eine Psychotherapie. Negative Gedanken oder grübeln halten Betroffene im Morgentief fest. Diese Gedanken zu bearbeiten kann ein erster Schritt aus dem Morgentief sein. 

Um deine Aufmerksamkeit von niederdrückenden Gedanken loszulösen kann es helfen, dich mit äußeren Einflüssen abzulenken. Richte deine Aufmerksamkeit von innen weg nach außen: 

Was siehst du?

Was hörst du?

Wie fühlt es sich an, wenn du deinen Arm berührst? 

Besonders wichtig sind kleine Ziele. Schreib dir keine lange To-Do Liste, sondern nimm dir zunächst nur eine Sache am Morgen vor. Besonders hilfreich können Sport und Bewegung sein. Auch hier gilt: Kleine Vorhaben sind besser als große. Hier ein paar Beispiele für kleine Ziele:

  • ein Spaziergang
  • eine kleine Fahrradtour
  • Anrufe bei Freund*innen
  • eine Verabredung
  • ein Gang zum Friseur 
  • ein selbst gekochtes Essen
  • sich ein Getränk z.B. einen Tee oder Kaffee zuzubereiten.

Personen, die das Morgentief nicht im Zusammenhang mit einer Depression erleben, finden es vielleicht hilfreicher, wenn sie am Abend eine Routine etablieren, die für eine gute Schlafqualität und somit leichteres Aufwachen sorgt. In so eine Routine kann man verschiedene Dinge aufnehmen, die angenehm sind und den Körper beruhigen, zum Beispiel:

  • Tee (ohne Koffein) vor dem Schlafengehen trinken
  • das Schlafzimmer noch einmal lüften
  • Ätherische Öle zur Entspannung auf das Kopfkissen oder die Schläfen tun
  • Meditation oder Einschlaftöne hören
  • Dinge planen, auf die man sich freut.

Warum habe ich ein Morgentief?

Die Gründe für ein Morgentief können vielfältig sein. Am häufigsten kommt das Morgentief im Rahmen einer Depression vor. Hierbei liegt oft eine Störung der “inneren Uhr”, also ihres biologischen Schlaf-Wach-Rhythmus (circadianer Rhythmus) vor. Das hängt u.a. mit dem hormonellen Gleichgewicht zusammen. Andere Gründe für ein Morgentief können zum Beispiel sein:

  • Eine Veränderung des Schlaf-Wach-Rhythmus: Der Körper kann Schwierigkeiten bei der Umstellung haben, was zu Müdigkeit und Antriebslosigkeit führen kann.
  • Veränderungen im hormonellen Gleichgewicht
  • Verstärkte Gedanken an negative Ereignisse: In der Dunkelheit und Ruhe der Nacht kann es einfacher sein, sich mit negativen Gedanken und Problemen zu beschäftigen, was das Morgentief verstärken kann.
  • Schlafstörungen: Einige depressive Menschen haben Schwierigkeiten einzuschlafen oder durchzuschlafen, was dazu führen kann, dass sie morgens müde und antriebslos sind. 

Was sollte ich bei Morgentiefs vermeiden?

In Erfahrungsberichten von Betroffenen wird deutlich, dass zum Beispiel die Ernährung eine große Rolle spielen kann. Das betrifft vor allem die abendlichen Mahlzeiten vor dem Zubettgehen. Nicht empfohlen werden generell

  • Alkohol vor dem Schlafengehen 
  • große Portionen bzw. “schwere Mahlzeiten” beim Abendessen
  • weißer Zucker 
  • "einfache" Kohlenhydrate wie Weißbrot, Nudeln aus Weizen, Reis.

Ich habe eine Depression. Was tun? 

Je nachdem, wie stark ausgeprägt deine Depression ist, werden unterschiedliche Behandlungen von Expert*innen auf Basis aktueller Forschung empfohlen. 

  1. Leichte Depression: Hier kann man gemeinsam mit dem behandelnden medizinischen Fachpersonal abwarten. Wenn sich die Beschwerden nicht bessern, ist eine Psychotherapie geboten. Medikamente sind bei leichten Depressionen nicht empfohlen.
  2. Mittelschwere Depression: Entweder eine Psychotherapie oder eine Behandlung mit Antidepressiva ist empfohlen. 
  3. Schwere Depression: Medikamente und Psychotherapie gemeinsam zeigen die größte Wirksamkeit bei schwerer Depression.

Wie du eine Psychotherapie beginnst oder findest, liest du hier. Die Suche nach einem Arzt bzw. einer Ärztin in deiner Nähe kannst du hier beginnen: https://www.kbv.de/html/arztsuche.php 

Eine*n psychologische*n Psychotherapeut*in in deiner Nähe findest du am schnellsten über die Bundespsychotherapeutenkammer: http://www.bptk.de/service/therapeutensuche 

Morgentief überwinden mit App

Neben einer Psychotherapie oder Medikamenten sind neuere Formen wie eine “Depressions-App” für kurzfristige und niederschwellige Hilfe bereits entwickelt und erforscht. Selfapy ist eine App auf Rezept, die einen Online-Kurs bei Depression anbietet. Dieser Online-Kurs kann dir von deinem*r Arzt bzw. Ärztin verschrieben werden, wenn du zum Beispiel

  • die Wartezeit auf einen Psychotherapieplatz überbrücken möchtest
  • digitale Begleitung neben einer Psychotherapie wünschst oder
  • Rückfallprophylaxe betreiben möchtest. 

Mit diesem Fragebogen findest du schnell heraus, ob das Angebot von Selfapy zu dir passt.



Morgentief und Burnout

Das Burnout-Syndrom ist nicht als eigenständige Erkrankung definiert. Eine Diagnose “Burnout” gibt es deshalb nicht. Trotzdem hat jede Person eine ungefähre Vorstellung von der Bedeutung. Betroffene sind körperlich, emotional und psychisch erschöpft. Die Ursache liegt zum Beispiel im Arbeitskontext oder anderweitigen anhaltenden außergewöhnlichen Belastungen. Burnout kann ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen sein, da langfristiger Stress oder die mangelnde Fähigkeit bestimmte Anforderungen zu meistern als Ursachen betrachtet werden. Vor allem die Depression steht im Zusammenhang mit Burnout-ähnlichen Symptomen. Erste Anzeichen sind zum Beispiel

  • Schlafstörungen
  • Morgentief
  • frühmorgendliches Erwachen und sofort die (Arbeits-) Probleme spüren
  • Magenbeschwerden (z.B. Reizdarmsyndrom)
  • Schmerzen oder 
  • körperliche Erschöpfung.

Häufiger Morgentiefs im Winter?

Ein Morgentief muss nicht zwangsläufig mit einer Depression zusammenhängen. Auch gesunde Personen erleben morgendliche Tiefs und Stimmungsschwankungen. Vor allem in der dunklen Jahreszeit geht es vielen Menschen so, dass ihnen das frühe Aufstehen bzw. morgendliches “in die Gänge kommen” schwerer fällt als im Sommer. Das ist an sich nicht weiter schlimm und meist vergeht dieser Zustand mit dem Beginn des Frühlings. 

Allerdings gibt es eine Sonderform der Depression, die bei Betroffenen immer dann auftritt, wenn auch die Tage kürzer werden: die sogenannte “saisonale affektive Störung” (“Winterdepression”). Diese kann mit der sog. Lichttherapie behandelt werden.

Mehrere Tage oder Monate lang werden Betroffene mit Licht behandelt, das der Helligkeit der Sonne gleichkommt. Das fluoreszierende Licht hat ca. 10000 Lux und mehr. Tageslichtlampen, Lichtmasken oder Lichtbrillen kommen hier zum Einsatz. Morgens nach dem Aufstehen wird 30 Minuten bis zwei Stunden täglich mit offenen Augen vor einer solchen Lampe gesessen.

Auch bei einem Morgentief kann Lichttherapie hilfreich sein. Es gibt für Wintertage auch Lampen, die im Sinne eines Weckers zu einer bestimmten Zeit immer heller werden und so ein langsames Aufwachen wie mit einer aufgehenden Sonne ermöglichen.

Ein Artikel von

Hanna Eggebrecht Redakteurin · B.Sc. Psychologie | M.Sc. Psychotherapie

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