Zurück 04 Aug 2022 · 9 min lesezeit
von Hanna Eggebrecht

Psychisch am Ende zu sein kann ganz normal sein, wenn es vorübergehend ist . Wenn Verzweiflung und das Gefühl, nervlich am Ende zu sein jedoch länger anhält und man kein Licht am Ende des Tunnels sieht, ist eine Krisenintervention oder professionelle Hilfe geboten. Selfapy bietet kostenlose Online- Kurse auf Rezept an. Finde hier heraus, ob Selfapy zu dir passt.

Psychische Krise: Woran erkenne ich sie?

Sie kann länger dauern und sogar Jahre anhalten (PTBS) oder nach ein paar Minuten oder Stunden (Panikattacke) vorbei sein: eine akute psychische Krise. Symptome sind sehr unterschiedlich und auch von der Art des Auslösers und der Person abhängig. Diese Symptome können eine psychische Krise kennzeichnen:

  • Gefühl von "Betäubung"
  • Bewusstseinseinengung 
  • Eingeschränkte Aufmerksamkeit
  • Reizverarbeitung eingeschränkt 
  • Desorientiertheit
  • Sich Zurückziehen 
  • Unruhezustand und Überaktivität
  • schneller Herzschlag, Schwitzen und Erröten 

Was ist eine psychische Krise?

Wenn man eine stressige oder konfliktreiche Zeit, wie einen Ausbildungsabschluss, einen Wohnortwechsel oder eine Trennung des*r Partner*in durchlebt,  kann darauf eine schwere Zeit folgen. Beschäftigt uns das länger als wir es gewöhnlich von uns selbst kennen, nennt man das eine “psychische Krise” im weitesten Sinn. 

Was tun bei akuten psychischen Problemen?

Wenn du merkst, dass es dir nicht gut geht oder du dich nicht so wie du sonst bist verhältst, kann das auf die Entwicklung eines psychischen Problems hindeuten (muss es aber nicht!). Hilfe bei psychischen Krisen bieten verschiedene staatliche und nichtstaatliche Träger in ganz Deutschland. Weiter unten im Artikel haben wir die wichtigsten und bekanntesten Hilfsangebote zusammengestellt und verlinkt. 

Nervlich am Ende - was hilft?

Auf die Erfahrung von “außergewöhnlich belastenden” Situationen bzw. Lebensereignissen, können sogenannte akute Belastungsreaktionen” folgen. Dazu gehören auch besondere Lebensveränderungen (Heirat, Tod, Umzug etc.), welche anhaltend unangenehme Situationen hervorrufen und so eine Anpassungsstörung entstehen kann. Man unterscheidet also zwischen 

  • einer Anpassungsstörung und
  • einer akuten Belastungsreaktion. 
  • (eine PTBS ist eine weitere Sonderform, gehört hier aber auch dazu.)

Alle Störungsbilder haben gemeinsam, dass eine Anpassung an die neuartige Situation nicht gelingt. Der Umgang ist also erschwert und ruft ein untypisches Verhalten hervor. Eine Anpassungsstörung ist behandlungswürdig, das heißt, dass du definitiv einen Termin bei deiner*m Ärzt*in oder einem*r Psychotherapeut*in machen solltest. Weiter unten haben wir Links zur Ärzt*innen- und Psychotherapeut*innensuche aufgelistet. Weniger einschneidende aber trotzdem als schwere psychische Belastung empfundene Situationen werden “Life Events” genannt. Life Events können 

  • Beginn
  • Erscheinungsbild sowie
  • weitere psychische (und körperliche) Störungen auslösen und beeinflussen. 

Personen, die eine höhere Vulnerabilität aufweisen (also eine größere Anfälligkeit für Krankheiten haben), sind häufiger von Anpassungsstörungen betroffen. Belastende Ereignisse und psychische Krisen stellen neben mangelnden Bewältigungsstrategien meist die Ursache für eine Anpassungsstörung dar bzw. wäre sie ohne diese Ereignisse gar nicht erst entstanden. Neben den Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen gibt es also:

  • akute Belastungsreaktion (Psychische Krise, Kriegsneurose, Schock)
  • Posttraumatische Belastungsstörung
  • Anpassungsstörungen (Trauerreaktionen)

Psychische Krise überwinden: Schnelle Hilfe

Bei Verzweiflung und psychischen Krisen aller Art, gibt es diverse Hilfsprogramme, die auf alle Altersgruppen und Bedürfnisse zugeschnitten sind. Wir haben eine Auswahl zusammengestellt.

Ich bin psychisch am Ende, was kann ich tun?

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) liefert dir gesicherte Informationen rund um gesundheitliche Fragen und Probleme. Sie bietet zum Beispiel Anlaufstellen für Suchtprobleme, Rauchentwöhnung, spezielle Infotelefone oder Schwangerschaftshilfe an. 

Der (Berliner) Krisendienst ist eine professionelle Anlaufstelle bei psychischen Krisen aller Art. Sowohl vor Ort, als auch online oder in Notfällen und rund um die Uhr steht der Krisendienst an 9 Standorten in Berlin zur Verfügung. Natürlich gibt es in anderen Bundesländern auch einen Krisendienst, nicht nur in Berlin. 

ProFamilia ist eine nichtstaatliche Organisation und hilft bei allen Fragen rund um Sexualität, Schwangerschaft, Familienplanung und Partnerschaft. Du kannst dich an eine der Beratungsstellen von ProFamilia vor Ort wenden oder anonym eine Online Beratung per Mail einreichen. Egal, welches Problem oder welche Frage du hast- das Team von ProFamilia ist für dich da. 

Egal ob Liebeskummer, Schulprobleme, Missbrauch oder Gewalt: Für Kinder, Jugendliche und Eltern gibt es die Nummer Gegen Kummer. Sie ist kostenlos für Kinder und Jugendliche unter 116 111 und auch für Erwachsene unter 0800 111 0 550. Was passiert, wenn du anrufst und wie die Online- Beratung funktioniert, kannst du hier in Videos anschauen. 

  • Telefonseelsorge

Die Seelsorge ist ein Angebot der evangelischen und katholischen Kirche. Seelsorge erhältst du kostenlos unter den Nummern 0800 / 111 0 111 , 0800 / 111 0 222 oder 116 123. Auch die Mailseelsorge oder Chatseelsorge gibt es mittlerweile und du kannst dich natürlich auch persönlich vor Ort mit jemandem unterhalten. 

Bei Krisenchat können Kinder und Jugendliche bis 25 Jahre rund um die Uhr über WhatsApp oder SMS professionelle Hilfe in Krisen erhalten. Diverse Themen wie Gewalt, Sexualität, Familie und so weiter werden auch im Blog von Krisenchat behandelt. 

Was tun bei einem psychischen Zusammenbruch?

Ein psychischer Zusammenbruch ist eine sehr ernstzunehmende Situation. Es sind dringend Gespräche mit Vertrauenspersonen geboten. Vertrau deine Probleme jemandem an, egal wie groß oder klein dir dein Problem erscheinen mag. Sich “den Kummer von der Seele zu reden” bewirkt schon sehr viel und kann dir den Leidensdruck nehmen. Danach wendest du dich an ein*e Psychotherapeut*in oder dein*e Ärzt*in, um dir langfristig professionelle Hilfe zu sichern.

Psychisch am Ende?- Krisenintervention

Schnelle Hilfe bei psychischen Krisen bietet in ganz Berlin der Berliner Krisendienst. 

Diverse weitere Angebote bieten schnelle und professionelle Hilfe bei psychischen Krisen und anderen Problemen. Einige dieser Anlaufstellen sind:

“Ein Leben ohne Krisen gibt es nicht, sie gehören zu Entwicklung und Wachstum dazu. Doch eine Krise kann so belastend werden, dass sie nicht mehr allein, mit Hilfe der Familie oder im Freundeskreis zu bewältigen ist.” - Berliner Krisendienst

Ich bin verzweifelt aber warum? Ursachen

Psychisch komplett am Ende zu sein, kann jedem einmal passieren. In der Regel geht dieser Zustand aber vorüber, das heißt, wir erholen uns davon, zum Beispiel, wenn wir von einem Projekt bei der Arbeit gestresst oder gerade Eltern geworden sind. Ist die Krise aber tiefgreifender, kommt man vielleicht nicht ohne Hilfe wieder “auf den Berg”. Für psychische Krisen kann es viele Auslöser geben. Einige davon sind:

  • Trennung, Verlust/ Tod
  • Konflikte in der Familie, mit Partner*innen, Freund*innen 
  • Arbeitskonflikte oder Jobwechsel
  • Hochzeit
  • Umzug
  • Einsamkeit
  • traumatische Erlebnisse
  • Suchtprobleme (Alkohol, Drogen etc.)
  • Psychische Erkrankungen (z.B. Depressionen, Ängste)

Die Sendung “Krisen Podcast” thematisiert verschiedene Auslöser und Problematiken, die tiefe innere Verzweiflung oder eine psychische Ausnahmesituation begleiten und provozieren können. In einzelnen Folgen werden Themen wie Tod, Konflikte, Schwangerschaft und das Altern behandelt. 

 

Depression: Akute Krise

Wie oben bereits beschrieben wurde, gibt es sehr verschiedene Auslöser für Verzweiflung und eine psychische Krise. Symptome einer Depression, die einer dieser Auslöser sein kann, sind unter anderem:

  • Niedergeschlagenheit fast den ganzen Tag / jeden Tag
  • deutlich vermindertes Interesse an Aktivitäten (Antriebslosigkeit)
  • Unfähigkeit, Freude zu empfinden (Anhedonie)
  • Schlafstörungen oder vermehrtes Schlafbedürfnis
  • Müdigkeit
  • beobachtbare psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung (Retardierung)
  • Gefühle der Wertlosigkeit oder übermäßige/ unangemessene Schuldgefühle
  • Konzentrationsprobleme
  • Gedanken an den Tod/ Suizid

Ob du Anzeichen für eine Depression zeigst, kannst du mit diesem wissenschaftlich fundierten Selbsttest herausfinden. Der Test (PHQ-9) ist jedoch bestenfalls ein Anhaltspunkt und liefert dir keine eindeutige Diagnose



Für mehr Informationen rund um den Online- Kurs bei Depressionen, kannst du hier auch ein kostenloses Infogespräch mit einer*m unserer Psycholog*innen vereinbaren. Bitte beachte: Umfangreiche und professionelle Hilfe bei psychischen Krisen bieten der Krisendienst, dein*e Ärzt*in oder Psycholog*in oder vergleichbare Angebote (Krisenchat, Nummer gegen Kummer, Seelsorge etc.).

Akute psychische Krise und Suizid: Hilfe

Du hast Gedanken an den Tod, planst einen Suizid oder kennst jemanden, der*die betroffen sein könnte? Dem eigenen Leben ein Ende setzen zu wollen, ist niemals der richtige Weg! Hier findest du bundesweite Hilfe, Apps und Beratung bei Suizid.

Egal, wie hoffnungslos, freudlos und leer dir die Welt erscheinen mag, sie ist deines Lebens trotzdem würdig! Am Ende jedes dunklen Tunnels gibt es einen Ausgang! (Sonst wäre es kein Tunnel!). Unter diesem Link findest du Hilfsangebote bei Suizid.

Du weißt nicht mehr weiter, du kennst jemanden, der suizidal sein könnte oder du hast Suizid erlebt? Hier findest du Informationen, die zu deiner Situation passen. 

Ratgeber Verzweiflung: Geteiltes Leid ist … 

… halbes Leid. Wenn du dich psychisch am Ende fühlst und nicht weißt, an wen du dich wenden könntest, finden sich Anhaltspunkte auch in Büchern. Hier sind einige Ratgeber und Romane zusammengestellt, die schnelle Hilfe bei psychischen Krisen bieten können. Über Filme, Kunst und Musik kannst du ebenfalls Kraft tanken und deine “seelische Batterie” auffüllen.

  • Matt Haig: Die Mitternachtsbibliothek 
  • Matt Haig: Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben
  • Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
  • Andrea Kraft: Hummeln fliegen auch bei Regen
  • James Clear: Die 1%-Methode – Minimale Veränderung, maximale Wirkung: Mit kleinen Gewohnheiten jedes Ziel erreichen 
  • Lars Amend: It’s All Good: Ändere deine Perspektive und du änderst deine Welt
  • Christian Huber: Man vergisst nicht, wie man schwimmt
  • BapK: Mit psychischer Krankheit in der Familie leben. Rat und Hilfe für Angehörige

Erste Hilfe: Krisen meistern 

Aus dem Bereich der Traumatherapie kommt der sogenannte “Erste Hilfe Koffer”. Dieser beinhaltet Tipps und Übungen, die man in Phasen der  Verzweiflung und psychischen Krisen auch anwenden kann. 

  1. Hinsetzen oder Hinstellen: Streck deine Arme aus und stell dir vor, dass du eine Hülle um dich rum hast (wie ein Schildkrötenpanzer). Wie viel Platz brauchst du zur Außengrenze von deiner Hülle?
  2. Vortasten: Aus was besteht deine Hülle? Ist sie weich oder hart? Wie soll der Kontakt nach außen möglich sein (durch deine Hülle)? Hat deine Hülle Türen oder Fenster? Oder hat sie gar keine? Wann sind sie offen oder zu?
  3. Satz der Sicherheit: Überlege dir einen oder zwei Sätze, die das Gefühl in deiner Hülle beschreiben. Vielleicht entwickelst du sowas wie ein Motto, zum Beispiel “Hier bin ich sicher”.
  4. Satz der Außenwelt: Formuliere jetzt einen oder zwei Sätze, die sich auf das Außen beziehen, zum Beispiel “Draußen ist es manchmal anstrengend, aber ich schaff das in meinem Tempo.”
  5. Konzentration: Denke nun an das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Versuche, dir deine Hülle vorzustellen, wie er um dich herum ist und dich beschützt. Wenn du dich erholt hast von der verzweifelten Situation und der Krise, kannst du deine Hülle in Gedanken wieder einpacken und an einem sicheren Ort verstauen. 

Gestärkt aus der Krise: Resilienz

Resilienz ist ein Begriff aus der Psychologie, der “die Widerstandsfähigkeit eines Individuums, sich trotz ungünstiger Lebensumstände und kritischer Lebensereignisse erfolgreich zu entwickeln” (Dorsch Lexikon) bedeutet. Demnach können Personen mit hoher Resilienz (resilientere Personen) besser mit psychischen Krisen umgehen und sie bewältigen. Teilstücke, die zur Bildung und Aufrechterhaltung von Resilienz gehören, sind:

  • Auslöser, die Resilienz erfordern
  • Umwelt, die Resilienz fördert/ begünstigt (oder nicht)
  • Konsequenzen, die durch Resilienz, entstehen.

Ein Artikel von

Hanna Eggebrecht Redakteurin · B.Sc. Psychologie | M.Sc. Psychotherapie

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