Zurück 19 Apr 2022 · 8 min lesezeit
von Julia Klinkusch

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Resilienz – was ist das eigentlich? Oftmals wird es mit Widerstandsfähigkeit umschrieben, genauso gut ist auch die Anpassungsfähigkeit gemeint, mit der Menschen auf Probleme und Veränderungen im Leben reagieren.

Die Trennung von der:dem Partner:in, der Verlust des Arbeitsplatzes, eine schwere Diagnose, Krankheit in der Familie, Scheidung oder Tod – das Leben stellt uns immer wieder vor Herausforderungen. Viele Menschen sind mit solch einer Situation überfordert. Die innere Widerstandsfähigkeit spielt dabei eine große Rolle – denn sie hilft uns, mit Schicksalsschlägen und unvorhersehbaren Ereignissen umzugehen. Diese Eigenschaft wird Resilienz genannt. Jeder Mensch besitzt diese Widerstandsfähigkeit, auch wenn sie unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Das Gute daran: Wir können Resilienz lernen, beziehungsweise sie erhöhen.

Was ist Resilienz?

Was bedeutet Resilienz? Gibt es eine Definition? Resilienz einfach erklärt: Es handelt sich um die Fähigkeit, sich von Krisenzeiten zu erholen und Ereignisse zu bewältigen. Wenn etwas schiefgeht, hilft dir deine Resilienz, schwierige Zeiten zu meistern. Durch Resilienz können wir aus Krisen sogar gestärkt herausgehen.

Ursprünglich kommt der Begriff aus der Physik. Dort versteht man darunter die Fähigkeit eines elastischen Stoffes, sich immer wieder in die ursprüngliche Form zurückzuverwandeln – ein gutes Beispiel dafür ist der Flummi.

Das trifft ebenso auf uns Menschen zu: Krisen und Traumata verändern uns, aber Resilienz hilft uns, diese oft schwerwiegenden Lebensereignisse zu bewältigen und uns – wie der Werkstoff in der Physik – wieder in den Ursprungszustand zu begeben.

Resilienz: Definition und Merkmale

Die Bedeutung von Resilienz wird definiert als innere Stärke, Widerstandsfähigkeit in Krisenzeiten oder das Einstehen für sich in schwierigen Zeiten. Letztlich handelt es sich um eine Mischung aus Fähigkeiten, die dir helfen, schwierige Situationen zu bewältigen. Resiliente Menschen entwickeln diese Mechanismen vermutlich über Jahre. Die Mehrheit dieser Stärken lässt sich erlernen – es kann jedoch viele Jahre dauern. Man spricht von den „7 Säulen der Resilienz“. Dazu gehören:

  • Optimismus: Wer schwierigen Situationen etwas Positives abgewinnen kann, hat es leichter, neuen Mut zu gewinnen, um nach der Krise wieder durchzustarten. 
  • Lösungsorientierte Ziele: Ein klares Ziel vor Augen hilft dabei, selbst in Krisen nach vorn zu sehen.
  • Verantwortung übernehmen: Wer seiner Einflussmöglichkeiten in harten Zeiten erkennt, kann aktiv an Lösungsansätzen arbeiten. Dabei kann beispielsweise ein Coaching helfen.
  • Positive Zukunftsplanung: Sich umsorgen oder dafür sorgen, dass es einem gut geht – das hilft dabei, die Widerstandskraft zu stärken. Regelmäßige Pausen, Sport, schöne Reisen: Erlebnisse, die das persönliche Wohlbefinden stärken, sind wichtig, um Krisen bewältigen zu können.
  • Enge Bindungen: Das Gefühl, nicht allein zu sein, ist in schwierigen Situationen oder nach traumatischen Erlebnissen besonders wichtig. Deshalb gilt es, das eigene Netzwerk aus engen Vertrauten regelmäßig zu pflegen.
  • Opferrolle verlassen: Jeder versinkt manchmal in Selbstmitleid. Das ist normal. Wichtig ist es, sich nicht dauerhaft als Opfer zu sehen. Es gilt zu überlegen, ob und wie sich die belastenden Umstände aktiv verändern lassen.
  • Akzeptanz: Hadern bringt in Krisen nichts. Die Erlebnisse annehmen und akzeptieren, dass sich gewisse Situationen nicht ändern lassen, hilft, emotional tiefe Täler zu durchqueren.

Schutzfaktoren und Risikofaktoren: Resilienz kann abnehmen

Wie viel Resilienz wir besitzen, hängt davon ab, ob die Schutzfaktoren oder die Risikofaktoren überwiegen. Während Schutzfaktoren Resilienz unterstützen, können Risikofaktoren die Fähigkeit verringern. Zu den Schutzfaktoren gehören unsere individuellen Stärken. Unter anderem:

  • Kreativität
  • Intelligenz
  • Aktivität
  • Kontaktfreude
  • soziale Kompetenz
  • Fähigkeit, Probleme zu lösen
  • Bindungsfähigkeit

Ein gutes und inniges Verhältnis zu den Eltern oder anderen Familienmitgliedern, ein erfüllender Beruf sowie eine gute Gesundheitsvorsorge können ebenfalls Schutzfaktoren für Resilienz sein. All diese Stärken und Fähigkeiten geben Selbstvertrauen und fördern das Vertrauen in andere.

Risikofaktoren, die Resilienz abschwächen können, sind:

  • Armut
  • Missbrauchserlebnisse
  • Diskriminierung
  • erlebter Rassismus
  • Migration
  • psychische Erkrankung der Eltern

Aktuell gehören die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zu den Faktoren, die unsere Resilienz negativ beeinflussen können. Hinzu kommen sogenannte innere Risikofaktoren, die zum einen genetisch sein können, zum anderen mit psychischen Erkrankungen zusammenhängen. Daraus entsteht eine emotionale Instabilität, die es uns schwierig macht, Krisen sicher zu bewältigen.

Resilienz stärken

Bei Resilienz geht es darum, Körper und Seele vor den Ein- und Auswirkungen von psychischer Belastung zu schützen. Niemand besitzt von vornherein alle Fähigkeiten, die dafür notwendig sind, denn sie sind nicht angeboren. Sie lassen sich aber lernen – und somit die Resilienz. Trainieren musst du das nicht allein, denn es ist ein langfristiger Prozess. Möglichkeiten, Resilienz aufzubauen, bieten beispielsweise Coachings oder spezielle Trainings mit Resilienztherapeuten. Auch im Alltag lässt sich Resilienz fördern – zum Beispiel mit folgenden Tipps:

Sechs Tipps zum Resilienz erlernen

1. Verarbeite deine Emotionen: Egal, was deine Krise ausgelöst hat, es ist wichtig, dass du deine Emotionen verarbeitest, um deine Resilienz zu fördern. Viele Menschen haben Angst vor ihren Emotionen oder können diese schwer einordnen. Wichtig ist, dass du all die Emotionen spürst und sie wahrnimmst: Trauer, Wut, Taubheit, Schuld, Stress, Erschöpfung, Überwältigung, Machtlosigkeit – was fühlst du? Der Gedanke dahinter ist, dass du die Gefühle durchlebst, um sie später loszulassen.Das Unterdrücken von Emotionen führt zu emotionalen und psychischen Konflikten und kann das Verarbeiten einer Krisenzeit erschweren. Deswegen weine, wenn du weinen willst, und lasse Traurigkeit und andere Emotionen zu. Respektiere also, wie du dich fühlst und welche Emotion du empfindest.

2. Du bist nicht allein: Erinnere dich daran, dass schon viele andere Menschen durch Krisenzeiten gegangen sind und meist gestärkt wieder hinausgegangen sind. Egal, was du noch vor dir hast, andere sind diesen Weg schon gegangen und haben ihn gemeistert. Ihren guten Umgang mit Krankheit, Einsamkeit, psychischen Problemen oder dem Tod verdanken diese Menschen der Resilienz. Die Hoffnung, die du in dich setzt, ist der Beginn deiner Resilienz.

3. Prioritäten setzen: Die Zeit nach einem Schicksalsschlag oder einer besonders stressigen Situation ist für viele Menschen anstrengend. Die Gedanken drehen sich meist nur um das Ereignis, du grübelst viel und Selbstzweifel bestimmen den Tag. Dabei ist es besonders wichtig, die eigenen Grundbedürfnisse zu erfüllen, die in schwierigen Zeiten manchmal leicht vergessen werden. Welche das sind? Essen, Trinken, ein Zuhause, Kleidung, geistige Beschäftigung und Gesundheit. Versuche, dir darüber bewusst zu werden, ob du auf all deine Bedürfnisse achtest. Sie bilden die Basis für das menschliche Wohlbefinden.

4. Finde innere Ruhe: Sich in die Arbeit zu stürzen, ist für viele eine Möglichkeit der Kompensation in einer schwierigen Zeit. Doch solltest du dabei die eigenen Bedürfnisse und vor allem die innere Ruhe nicht vergessen. Der Mensch braucht Ruhe, um sich von Ereignissen zu erholen, diese zu verarbeiten, um dann schließlich über sie hinwegzukommen. Zu den kleineren Resilienz-Übungen zählt hier der Schlaf. Sorge für eine gute Schlafhygiene, das heißt, ausreichend Schlaf und einen regelmäßigen Schlafrhythmus. Baue in deinen Alltag aktive Ruhephasen ein und gönne deinem Kopf eine Pause. Zum Beispiel wirkt ein kleines Nickerchen oder eine Meditation beruhigend auf Körper und Geist.

5. Frag um Hilfe und biete Hilfe an: Hilfe anzunehmen ist nie verkehrt. Es gibt einfach Dinge, die wir allein nicht bewältigen können. Manchmal sind wir jedoch beschämt oder zu verlegen, um nach Hilfe zu fragen. Lass deinen Stolz dir nicht im Weg stehen.Ein anderer Faktor ist das Anbieten von Hilfe. Ja, auch in Krisenzeiten, die du zu bewältigen hast, kannst du anderen Menschen deine Hilfe anbieten. Wir erhöhen damit unser Gefühl von Nähe und Zugehörigkeit, welche grundlegende psychische Bedürfnisse des Menschen sind. Wir erkennen, dass wir erfolgreich Hilfe leisten können und projizieren dies wiederum auf uns. Jemand anderem zu helfen ist der beste Weg, das eigene Überleben zu sichern. Es hilft dir, deine Ängste zu überwinden. Jetzt bist du kein Opfer mehr, sondern eine helfende Hand. Du siehst deine eigene Fähigkeit klarer, was dir Energie, Konzentration und Durchhaltevermögen gibt.

6. Stärke deine Abwehr: Negative Ereignisse werden uns im Leben immer wieder begegnen – meist unvorhergesehen. In diesen Situationen ist eine innere Verteidigungsstrategie hilfreich:Sich nach stressigen Tagen beim Sport abreagieren, pünktlich ins Bett gehen, auf die Ernährung achten oder mit Freund:innen und Familie telefonieren, wenn es mal wieder klemmt. Diese Wohlfühl-Strategie bildet deine sichere Basis und Resilienz. Sollten einmal negative Ereignisse auf dich zukommen, geben sie dir eine Basis, Sicherheit und Widerstandsfähigkeit.

Resilienz: Kinder können sie lernen

Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder erleben traumatische Situationen. Seien es Kriege, Armut oder Missbrauch. Resilienz ist nicht angeboren, lässt sich wie beschrieben jedoch lernen. Kinder sind zum Zeitpunkt der von ihnen erlebten Krisen naturgemäß noch jung – sie hatten nicht viel Zeit im Leben, um ihre Resilienz zu stärken. Kinder benötigen ihre Resilienz bereits bei vermeintlich weniger gravierenden Ereignissen, etwa einem Streit mit Freund:innen oder Problemen in der Schule. Resilienz hilft Kindern, stark und selbstbewusst zu werden und souverän mit Schwierigkeiten umzugehen. Doch wie lässt sich Resilienz bei Kindern fördern?

Resilienz bei Kindern fördern

Kraft entsteht aus Krisen, die wir bewältigt haben. Um Resilienz zu entwickeln, benötigen Kinder Vorbilder. Dazu gehören die Eltern, enge Familienmitglieder, Lehrer:innen, Erzieher:innen sowie andere Vertrauenspersonen. Kinder sehen und erleben, wie diese Menschen mit stressigen Situationen umgehen – und schauen sich das Verhalten ab. Eltern, die ein eher ängstliches Naturell haben, müssen jetzt nicht ihr Wesen ändern, um ihrem Kind Resilienz vorzuleben. Entscheidend bleibt der Umgang mit Schwierigkeiten – selbst mit einem zurückhaltenden Verhalten lassen sich lösungsorientierte Ansätze für Probleme finden. Kinder erkennen das und setzen es auf ihre eigene Art um.

Ein Artikel von

Julia Klinkusch Medizinredakteurin

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Quellenangaben

  1. American Psychological Association (2020, Februar). Building your resilience. https://www.apa.org/topics/resilience
  2. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (o. D.). Organisationale Resilienz. https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeit-und-Gesundheit/Psychische-Gesundheit/Projekt-Psychische-Gesundheit-in-der-Arbeitswelt/Organisationale-Resilienz.html
  3. Heller, J. (2013). Resilienz - 7 Schlüssel für mehr innere Stärke, GU Verlag
  4. Henninger, M. (2016). Resilienz. In: Frey D. (eds): Psychologie der Werte, S. 157-165, Springer
  5. Jakubowski, P. et al. (2013, April). Resilienz. https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/izr/2013/4/Inhalt/1_Einfuehrung.pdf?__blob=publicationFile&v=1
  6. Joyce, S. et al. (2018). Road to resilience: a systematic review and meta-analysis of resilience training programmes and interventions. https://bmjopen.bmj.com/content/8/6/e017858
  7. Leipold, B. (2015). Resilienz im Erwachsenenalter, utb
  8. Neurologen und Psychiater im Netz (2017, 30. August). Die psychische Gesundheit schützen: Resilienz kann in jedem Lebensalter erlernt werden. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/ratgeber-archiv/artikel/die-psychische-gesundheit-schuetzen-resilienz-kann-in-jedem-lebensalter-erlernt-werden
  9. Southwick, S. M. et al. (2014, Juli). Resilience definitions, theory, and challenges: interdisciplinary perspectives. https://www.tandfonline.com/doi/full/10.3402/ejpt.v5.25338

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