Zurück 29 Jun 2022 · 9 min lesezeit
von Nora, Hanna Eggebrecht

Viele Menschen kennen den Psychotherapie- Ablauf gar nicht. Wir möchten mit diesen Vorurteilen aufräumen und Menschen ermutigen, sich Hilfe zu suchen. Wir erklären dir u.a., wie ein Psychotherapie- Erstgespräch abläuft und was genau während der Therapie passiert.

Termin beim Psychologen machen: Was sagen?

Die erste Hürde ist geschafft: Sich einzugestehen, dass eine Psychotherapie hilfreich sein kann, stellt für viele Betroffene den ersten schweren Schritt dar. Nun folgt jedoch die zweite und nicht weniger kleine Aufgabe: die Terminvereinbarung. Einfach gesagt ist es der Griff zum Telefon oder sogar “nur” der Klick über ein Portal einen Termin bei Psycholog:innen zu machen. Wie du in deiner Nähe eine:n Psycholog:in findest, kannst du hier nachlesen. Falls du unsicher bist, was du am Telefon oder auf dem Anrufbeantworter einer Praxis sagen könntest, sind diese Sätze vielleicht hilfreich:

  1. Hallo mein Name ist …, ich suche einen Therapieplatz und bitte deshalb um einen Gesprächstermin. (Rufen Sie mich bei Verfügbarkeit bitte unter der Nummer … zurück.)
  2. Hallo mein Name ist …, ich habe ein Problem mit… (kurz umreißen, nicht länger als 2 Sätze). Für einen Gesprächstermin wäre ich sehr dankbar. (Rufen Sie mich bei Verfügbarkeit bitte unter der Nummer … zurück.)

Es kann zudem von Vorteil sein, wenn man seinen Versichertenstatus gleich mitteilen kann, also ob man privat oder gesetzlich krankenversichert ist (zum Beispiel BARMER, AOK, TK…). Das hilft bei der Terminvergabe. 

Selfapy bietet wissenschaftlich geprüfte und psychologisch wirksame Online- Kurse an, die dir bei psychischen Problemen helfen können. Die Kurse sind kostenfrei auf Rezept verfügbar. Mach hier den Test und finde heraus, ob Selfapy zu dir passt.



Das Erstgespräch: Psychotherapie

Nun ist es soweit: Wenn du einen Termin bekommen hast, wartet auf dich womöglich ein psychologisches Erstgespräch. Das klingt sehr offiziell und gestelzt, bedeutet aber einfach gesagt nur, dass man sich erstmal kennenlernt. Wie bei:m Hausärzt:in auch wird nach den Symptomen und Problemen gefragt, die einen plagen. Man stellt sich sozusagen sehr gründlich vor. Ein Erstgespräch läuft in der Regel nach diesen Punkten ab:

  • Begrüßung (Vorstellen eigener Person, erste Informationen austauschen)
  • Anlass (Warum wird Therapie gewünscht?)
  • Störungsanalyse und Vorbehandlungen (Symptome besprechen)
  • Biographie (Lebenssituation, Familienkontext)
  • Erwartungen
  • Abschlusssituation

Psychotherapie Erstgespräch: Vorbereitung

Die Vorbereitung auf das Erstgespräch in der Psychotherapie ist keine Pflicht. Manche Personen mögen das aber vielleicht, weil ihnen dann das offene Sprechen leichter fällt. Zum Psychotherapie- Ablauf kann man sich auch Notizen machen. Welche Fragen stellt ein Psychiater? Indem man sich diese Fragen beantwortet, ist man gut eingestimmt:

  • Welches Problem möchte ich in der Therapie bearbeiten?
  • Wie stelle ich mir den Psychotherapie- Ablauf vor?
  • Habe ich schon einmal Therapie o.ä. gemacht?
  • Seit wann, wie oft, in welchem Ausmaß tritt mein Problem auf?
  • Gibt es jemanden in meiner Familie, der:die ein ähnliches Problem hat/hatte?
  • Welche Erwartungen habe ich an den:die Therapeut:in? Was soll er:sie machen, um mir zu helfen?
  • Nehme ich Medikamente, wenn ja, welche? 
  • Möchte ich Medikamente gegen das aktuelle Problem nehmen?
  • Was möchte ich mit der Therapie erreichen? (Was ist mein persönliches Ziel)

Psychotherapie: Ablauf 

Je nach Art der Therapierichtung ist der Psychotherapie- Ablauf recht unterschiedlich. Zum formellen Psychotherapie- Ablauf gehören 

  • Erstgespräch/ Psychotherapeutische Sprechstunde
  • (Akuttherapie: kann in Sonderfällen sofort im Anschluss an das Erstgespräch stattfinden)
  • Probatorische Sitzungen (variieren, bis zu 4 Sitzungen, in denen man “probiert”, ob es passt, die Therapiedauer festlegt usw.)
  • Therapeutische Sitzungen (Kurz- oder Langzeittherapie: 24 bzw. 60 Sitzungen)

Es gibt verschiedene Formen von Psychotherapie und jede Form der Psychotherapie hat eigene, wissenschaftlich fundierte Methoden, um innere Konflikte zu lösen und somit die Lebensqualität zu verbessern. Die bekanntesten Ansätze sind in der Psychotherapie: Gesprächstherapie, die Psychoanalyse oder auch “psychodynamische Therapie”, die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) aber auch seit 2020 die systemische Psychotherapie. Hier kannst du mehr darüber erfahren, welche Formen es gibt. 

Alle Therapieformen beinhalten aber in der Regel ein psychologisches Gespräch. Du sprichst über deine Gedanken, Gefühle und Probleme mit jemandem, der:die dir dann dabei hilft, diese zu ordnen und zu verstehen. Ein Verständnis für das eigene Problem zu entwickeln und das Störungsbild zu begreifen nennt man Psychoedukation.

Wichtig ist auch, dass der Psychotherapie- Ablauf nur erfolgreich und zielführend sein kann, wenn du es selbst auch willst. Eine Psychotherapie sollte immer aus der eigenen Motivation heraus begonnen werden. Es bringt nichts, den:r Partner:in, eine:n Freund:in oder ein Familienmitglied zu einer Therapie zu zwingen. Es kommt vor, dass aus lauter Sorge und Liebe, Personen gezwungen oder dazu überredet werden, eine:n Therapeut:in aufzusuchen, bevor sie selbst dazu bereit sind. Solltest du dich gezwungen fühlen, dann drücke dies deinem:r Psychotherapeut:in gegenüber aus. Meist hilft es, darüber zu reden, und das weitere Vorgehen zu besprechen.

Der Psychotherapie- Ablauf geht meist in kleinen Schritten voran, die vorher festgelegt werden. Auch wo die Reise hinführen soll wird vorher besprochen. Das heißt Zielsetzung. Zum Psychotherapie- Ablauf zählen auch Hilfsmittel und Übungen, die dir an die Hand gegeben werden, mit denen du mehr Kontrolle und Einsicht über dein Fühlen, Denken und Verhalten erlangst. Im Hinblick auf herausfordernde Situationen wirst du lernen, diese zu erkennen, deine zugrunde liegenden Überzeugungen und Verhaltensmuster zu erkennen und neue Bewältigungsmuster anzuwenden. Welche Form von Psychotherapie für dich hilfreich ist, hängt von deiner Persönlichkeit und deiner individuellen Situation ab und wird in Abstimmung mit deiner:m Therapeut:in vereinbart. 

Wie läuft eine Psychotherapie bei Depressionen ab?

Depressionen sind eine der häufigsten psychischen Erkrankungen und werden mit der kognitiven Verhaltenstherapie erfolgreich behandelt. Natürlich ist es das Ziel im Psychotherapie- Ablauf, Symptome und Unwohlsein zu reduzieren. Dieses Ziel zu erreichen, bedeutet manchmal, einen langen Weg zu gehen, der teilweise holprig sein kann. Dir diesen Prozess bereits zu Beginn bewusst zu machen, kann von Vorteil sein.

Selfapy bietet dir sofortige Unterstützung in Krisenzeiten. Mit den Online-Kursen bei verschiedenen psychischen Belastungen kannst du sofort und anonym dein Wohlbefinden steigern, ohne Wartezeit und bequem von Zuhause. Informiere dich in einem kostenlosen Infogespräch. 

Bist du nicht sicher, ob du an Depressionen leidest? Mach hier den wissenschaftlich fundierten Selbsttest und finde es heraus. 




Therapie machen: Ab wann zum:r Psychotherapeut:in?

Psychotherapie sollte vor allem dann in Anspruch genommen werden, wenn die Lebensqualität durch die Symptome einer psychischen Erkrankung beeinträchtigt wird. Hier erfährst du mehr darüber, wann du zum:r Therapeut:in gehen solltest. Bei zu langem Abwarten kann sich aus einer anscheinend kleinen Krise eine psychische Erkrankung manifestieren. Beim Verdacht auf psychische Erkrankungen lohnt sich also der frühzeitige Gang zum:r Therapeut:in.

Psychologisches Gespräch: Hilft das?

Bei folgenden psychischen Störungen ist die Wirksamkeit von Psychotherapie durch Studien belegt worden. 

  • Angst- und Panikstörungen
  • Depressionen
  • Burnout
  • Suchterkrankungen (Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, Spielsucht, etc.)
  • Essstörungen (Bulimie, Magersucht, Binge-Eating-Störung, etc.)
  • Persönlichkeitsstörungen (Borderline-Persönlichkeitsstörung, etc.)
  • viele andere psychische Erkrankungen
  • Stressauslöser und Lebenskonflikte

Oftmals wissen Patient:innen vor Beginn ihrer Therapie jedoch überhaupt nicht, unter welcher psychischen Erkrankung sie leiden oder sind unsicher über den Ursprung ihrer Symptome. Meist führen hier Stressauslöser oder andere Lebenskonflikte zu einem hohen Leidensdruck im Alltag. Stressauslöser und Lebenskonflikte, die in einer Therapie thematisiert werden können, sind folgende:

  • Lösen von Konflikten in der Familie, mit dem:r Partner:in oder einer anderen Person
  • Lindern von Ängsten oder Stress aufgrund von Arbeit oder anderen Faktoren
  • Bewältigen von großen Veränderungen im Leben, wie z.B. Scheidung, dem Tod eines geliebten Menschen, dem Verlust des Arbeitsplatzes oder dem Übergang in den Ruhestand
  • Lernen, mit unangebrachten Reaktionen umzugehen (Aggression, Verdrängung, etc.)
  • Bewältigen und Lernen mit Gesundheitsproblem umzugehen (z.B. Krebs, chronischer Schmerz, etc.)
  • Aufarbeiten von körperlichem oder sexuellem Missbrauch
  • Lindern von Schlafproblemen (z.B. Schlaflosigkeit, Unruhezuständen, Albträumen, etc.)
  • Aufarbeiten und Bewältigen von Situationen, die bereits in der Vergangenheit liegen, aber die Person noch sehr mitnehmen

Je nach individueller Situation kann es sein, dass eine ambulante Psychotherapie allein nicht ausreicht. Hier sollte dann eine Therapie mit einem:r weiteren Expert:in (Psychiater:in, Neurolog:in, etc.) oder ein anderer Rahmen (z.B. stationäre, teilstationäre oder eine Gruppenpsychotherapie) in Betracht gezogen werden.

Mythen über Psychotherapie: Was du wissen solltest

  1. Ein:e Psychotherapeut:in wird dich nicht heilen, sondern er:sie unterstützt dich nur bei deiner Heilung. Das Prinzip einer Psychotherapie beruht auf der Hilfe zur Selbsthilfe. Daher darfst du nicht erwarten, dass dein:e Psychotherapeut:in dir einen Katalog an Lösungen präsentiert, aus dem du dann deine Lösung aussuchen kannst. Diese werdet ihr gemeinsam erarbeiten. Gute Psychotherapeut:innen halten sich mit Ratschlägen zurück, da diese schnell zur Abhängigkeit des:r Patient:in führen können. Lösungsansätze werden von Patient:innen besser angenommen, wenn sie selbst auf diese gekommen sind. Vielmehr sollte das Augenmerk darauf liegen, Verhaltensmuster aufzudecken, an denen man dann gemeinsam arbeitet. Das Ziel ist, gemeinsam Hilfsmittel und Möglichkeiten herauszuarbeiten, mit denen du die Krisenzeiten überwinden kannst.
  2. Man fühlt sich nicht sofort besser nach der Psychotherapie. Natürlich wünschen sich viele Klient:innen, dass direkt nach einer Sitzung ein Effekt zu spüren ist. Bis ein solches Erlebnis eintritt, ist es meist ein langer Weg. Denk daran, dass viele Erinnerungen und Erfahrungen besprochen und die dazugehörigen Gefühle aufgearbeitet werden müssen, um mögliche Muster zu erkennen und diese schlussendlich zu entwirren. Dieser Prozess kann viele Emotionen hervorrufen und auch mal dazu führen, dass sich manches für eine Zeit schwerer anfühlt. Psychotherapie ist nicht leicht und meistens unangenehm, was oft in medialen Darstellungen nicht so richtig rüberkommt.
  3. Psychotherapie wird nicht funktionieren, wenn du unrealistische Erwartungen hast. Das Setzen realistischer Ziele kann die Psychotherapie zu einem Erfolgserlebnis machen. Veränderungen geschehen nicht von heute auf morgen. Am schwierigsten ist es, alte Verhaltensweisen durch neue zu ersetzen. Dies braucht vor allem Zeit. Setz dich selbst nicht mit unrealistischen Erwartungen unter Druck. Gib dir die Zeit, die du brauchst und versuch wohlwollend und nicht zu streng mit dir umzugehen.
  4. Nicht jede:r passt zu jede:m: Psychotherapie setzt voraus, dass du dich mit deinem:r Psychotherapeut:in wohl fühlst. Gerade in einem derart intimen Setting wie der Psychotherapie ist es wichtig, dass du dich wohl fühlst. Hier sollst du immerhin offen, ehrlich und ohne Scham über dich selbst erzählen können. Ohne das Gefühl, sich sicher und wohl zu fühlen, kann es schwierig sein über belastende Themen zu sprechen, Ängste und Sorgen loszulassen oder neue Verhaltensweisen auszuprobieren. Wenn du dich nicht wohl fühlst, ist es völlig in Ordnung, eine:n anderen Therapeut:in aufzusuchen. Lass dir aber auch hier etwas Zeit. Manchmal braucht es mehr als ein Gespräch, um zu wissen, dass du gut mit deinem:r Psychotherapeut:in arbeiten kannst. Grundsätzlich hast du mehrere probatorische Sitzungen, nach denen du entscheiden kannst, ob du dir eine Zusammenarbeit vorstellen kannst.

Was ist was: Psychiater, Psychologe oder Heilpraktiker?

Spätestens am Türschild vor der Praxis fällt den meisten Personen auf, dass sich die Therapeut:innen unterschiedlich nennen. Was es damit auf sich hat, erfährst du hier.

Ein Artikel von

Hanna Eggebrecht Redakteurin · B.Sc. Psychologie | M.Sc. Psychotherapie

Artikel teilen

Quellenangaben

  1. Möller, H. J., Laux, G., Kapfammer, H. P. (2008): Psychiatrie und Psychotherapie, 3. Aufl. Springer
  2. Pfammatter, M., Tschacher, W. (2015): Wirkfaktoren der Psychotherapie - eine Übersicht und Standortbestimmung, In: Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, Vol. 60, Nr. 1, online verfügbar unter: https://doi.org/10.1024/1661-4747/a000099
  3. Dobmeier, J. (2020): Psychotherapie, In: netdoktor, online verfügbar unter: https://www.netdoktor.de/therapien/psychotherapie/ (letzter Zugriff: 03.05.2021)
  4. Margraf & Schneider, Lehrbuch der Verhaltenstherapie Band 1, Kap. 28 „Das Erstgespräch in der Verhaltenstherapie“ Springer
  5. https://verhaltenstherapie-werther.de/ablauf-einer-psychotherapie (Zugriff: 29.06.2022)

Ähnliche Artikel

CE icon

CE-Zulassung

Selfapy ist ein CE-zugelassenes Medizinprodukt der Klasse 1.

trust icon

Wissenschaftlich fundiert

Wir führen klinische Wirksamkeitsstudien zu all unseren Kursen durch.

lock icon

Datensicherheit & DSGVO

Daten werden DSGVO konform vertraulich behandelt und unsere Systeme sind ISO 27001 zertifiziert.

pageview counter pixel