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Was ist der Unterschied zwischen Psychiater und Psychologe?

20 Apr 2022 · 7 min lesezeit
von Julia Klinkusch

Wenn es um psychologische Hilfe und Psychotherapie geht, hören und benutzen wir oft verschiedene Begriffe. Wir erklären dir den Unterschied zwischen Psychiater und Psychologe sowie Psychotherapeutin und wieso eine Unterscheidung dieser Begriffe bei der Suche nach einem Psychotherapieplatz wichtig ist.

Wenn du unter einer psychischen Erkrankung leidest, suchst du psychologisches Fachpersonal auf. Dabei ist es gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten. Zu welchem:r Arzt:Ärztin musst du eigentlich? Zum Psychiater? Zur Psychologin? Oder doch zum Psychotherapeuten? Vielleicht doch zur Neurologin oder zum Heilpraktiker für Psychotherapie? Du siehst: Es gibt viele medizinische Berufe, die sich mit der Gesundheit der Psyche befassen. Doch wo liegt der Unterschied zwischen Psychologe und Psychiater?

Unterschied: Psychologe, Psychiater und andere Berufe

Ob Angststörungen, Depression oder Antriebslosigkeit – wenn du psychische Probleme hast, benötigst du Hilfe. Dafür gibt es psychologisches Fachpersonal. Es gibt Psychiater, Psychologinnen und Psychotherapeuten. Darüber hinaus gibt es weitere Berufe, die sich mit der Psyche sowie mit den Nerven beschäftigen. Bei Letzterem handelt es sich um neurologisches Fachpersonal. Je nach Krankheit arbeiten sie mit Fachkolleg:innen aus dem psychiatrischen Bereich interdisziplinär zusammen.

Doch worin genau besteht nun der Unterschied? Psychiater und Psychologe sowie Psychotherapeut sind alle Expert:innen für die seelische Gesundheit. Sie haben aber einen ganz anderen Ausbildungsweg und ihre Befugnisse unterscheiden sich. Der wichtigste Unterschied: Psychologe und Psychiater arbeiten beide im medizinischen Bereich – aber nur die Psychiaterin ist Ärztin, der Psychologe ist kein Arzt.

Hier stellen wir dir die Berufe einmal genauer vor:

Psychiater:Psychiaterin

Ein Psychiater (auch: Facharzt:ärztin für Psychiatrie) beginnt die Karrierelaufbahn mit einem allgemeinen Studium der Medizin, das etwa sechs Jahre dauert. Danach folgt die fünfjährige Ausbildung zum:zur Facharzt:ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Die fachärztliche Weiterbildung gliedert sich in zwei Abschnitte: Vier Jahre lang liegt der Schwerpunkt auf der klinisch-psychiatrischen sowie der psychotherapeutischen Weiterbildung. Ein weiteres Jahr dauert die stationäre neurologische Fortbildung. Nach dem Abschluss darf sich der:die Mediziner:in „Facharzt:ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie“ nennen.

Psychiater:innen erforschen, diagnostizieren und therapieren seelische Erkrankungen. Sie beleuchtet die möglichen organischen Ursachen (zum Beispiel die Gehirnchemie), die zu einem psychisches Unwohlsein führen. Das Aufgabengebiet umfasst neben ausführlicher Anamnese psychologische und neurologische Tests, die Verordnung von Medikamenten und die Diagnostik seelischer Erkrankungen.Eine Psychiaterin, die eine Berufsausbildung zur Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie hat, kann Psychotherapie anbieten. Dann arbeitet sie als sogenannte ärztliche Psychotherapeutin und kann eine wöchentliche Therapiestunde mit den Patient:innen vereinbaren, um psychische Erkrankungen zu lindern. Dabei darf die Psychiaterin Medikamente verschreiben (beispielsweise Antidepressiva).

Psychologe:Psychologin

Ein Psychologe beginnt seine Laufbahn mit dem Studium der Psychologie. Nach einem abgeschlossenen Bachelorstudium und Master- oder Diplomstudium darf er sich dann Psychologin nennen.

Aber: Durch das Studium wird man zwar zum Psychologen, darf aber noch keine psychischen Erkrankungen behandeln. Das ist erst nach der Weiterbildung zum Therapeuten erlaubt. Dafür wiederum benötigt man einen Master in Psychologie mit dem Schwerpunkt in klinischer Psychologie oder aber direkt ein klinisches Psychologiestudium. Im Anschluss folgt die Ausbildung zum Psychotherapeuten, die wiederum drei bis fünf Jahre dauert.

Eine Psychologin ist keine Ärztin. Ohne Therapeutenausbildung dürfen Psycholog:innen auch keine Therapie durchführen. Medikamente dürfen sie grundsätzlich nicht verschreiben – auch nicht nach therapeutischer Ausbildung. Psycholog:innen sind auch nicht nur im medizinischen Bereich tätig. Sie können beispielsweise in der Wirtschaft, im Marketing, in Beratungsstellen oder im Gesundheitswesen als Expert:innen tätig werden. Haben sie beim Studium den Schwerpunkt auf den pädagogischen Bereich gelegt, ist eine Laufbahn als Schulpsycholog:in möglich. Wer sich während des Studiums eher auf den juristischen Bereich spezialisiert hat, kann später beispielsweise als Rechtspsycholog:in arbeiten.

Egal in welcher Branche: Neben der Diagnostik zählt vor allem die psychologische Beratung zu den Hauptaufgabengebieten der Psychologe:innen.

Psychotherapeut:Psychotherapeutin

Bei der Psychotherapeutin wird unterschieden zwischen der psychologischen Psychotherapeutin und der psychiatrischen Psychotherapeutin. Der Beruf hat grundsätzlich die gleiche Bezeichnung, der Werdegang ist jedoch ein anderer. Der psychiatrische Psychotherapeut ist studierter Mediziner mit entsprechender Facharztausbildung. Der psychologische Psychotherapeut ist studierter Psychologe mit anschließender therapeutischer Ausbildung – aber kein Arzt.

Eine Psychologin darf sich erst nach der Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin als Psychotherapeutin bezeichnen. In der Ausbildung ist der Psychologe Psychotherapeut in Ausbildung (kurz PIA) und darf ab der Zwischenprüfung Menschen mit psychischen Erkrankungen in Form von Psychotherapie betreuen. Meist wird der Begriff Psychotherapeut als Kurzform für psychologischer Psychotherapeut verwendet, der psychiatrische Psychotherapeut wird häufiger nur als Psychiater bezeichnet. Eine psychologische Psychotherapeutin kann bestimmte Formen der Psychotherapie als Kassenleistung abrechnen lassen.

Weder ein Psychologe noch eine psychologische Psychotherapeutin dürfen Medikamente verschreiben oder organische Ursachen für eine psychische Erkrankung diagnostizieren. Dies darf aufgrund der Facharztausbildung nur ein Psychiater oder eine Neurologin.

Die Aufgabe von Psychotherapeuten besteht darin, Störungen und Erkrankungen zu behandeln, die sich mithilfe von Gesprächstherapien oder Übungen heilen/bessern lassen. Dazu gehören beispielsweise Zwangsstörungen, Angststörungen, depressive Verstimmungen oder Suchterkrankungen. Psychologische Psychotherapeutinnen können sich auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder von Erwachsenen spezialisieren – das muss wiederum vor Beginn der therapeutischen Ausbildung feststehen, da sich die Inhalte unterscheiden.

Neurologe:Neurologin

Eine Neurologin durchläuft ebenfalls das klassische Studium der Medizin mit anschließender Facharztausbildung. Der Fokus einer Neurologin liegt auf der Diagnose und Therapie von ausschließlich organischen (also körperlichen) Erkrankungen des Gehirns, zentralen Nervensystems oder der Muskulatur. Eine Neurologin befasst sich weniger mit dem seelischen Wohlbefinden.

Da eine Neurologin eine ärztliche Ausbildung hat, darf sie Medikamente verschreiben. Eine Neurologin darf keine Psychotherapie anbieten, da sie normalerweise über keine Ausbildung der Psychotherapie verfügt.

Neurologische Fachärzte dürfen Psychotherapie anbieten, wenn sie über eine entsprechende Zusatzausbildung verfügen. Neurologinnen werden vor allem von Patient:innen konsultiert, die unter einem Schlaganfall, Multipler Sklerose, Parkinson, Epilepsie, Polyneuropathien oder Hirnblutungen leiden. Da einige dieser Krankheiten aufgrund ihres Schweregrades für die Betroffenen mit depressiven Verstimmungen oder Angstzuständen einhergehen, arbeiten Neurolog:innen und Psychotherapeut:innen in solchen Fällen eng zusammen.

Heilpraktiker:Heilpraktikerin für Psychotherapie

Auch Heilpraktiker:innen für Psychotherapie dürfen Psychotherapie anbieten. Sie dürfen sich jedoch nicht Psychotherapeutinnen nennen, da sie Psychotherapie mit Erlaubnis des Heilpraktikergesetzes ausüben. Das heißt, sie haben nicht zwingend das Studium der Psychologie und keine klassische Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin absolviert. Heilpraktikerinnen absolvieren ihre langjährige Fachausbildung an einer Heilpraktikerschule.

Die Psychotherapie eines Heilpraktikers ist oftmals keine Kassenleistung (abhängig von der jeweiligen Krankenkasse) und muss somit oft privat bezahlt werden. Heilpraktiker für Psychotherapie können sich entscheiden, welches Therapieverfahren sie anbieten wollen. Sie können unkonventionelle Therapieformen, wie beispielsweise die Hypnotherapie anbieten, bei der eine Form der Trance genutzt wird.

Da die Therapie bei einer Heilpraktikerin für Psychotherapie meist privat gezahlt werden muss, kann hier die Wartezeit auf einen Therapieplatz kürzer sein als bei einem psychologischen Psychotherapeuten. Außerdem kann eine Heilpraktikerin für Psychotherapie dann herangezogen werden, wenn nicht-konventionelle Therapieformen erwünscht sind.

Coach – Trainer:Trainerin – Berater:Beraterin

Die Begriffe Coach, Trainerin, Berater oder Life Coach sind keine geschützten Titel, das heißt, dass jeder sich so nennen darf. Ein Coach unterstützt Menschen dabei, Lösungen für bestimmte Probleme zu finden, indem er Ressourcen aktiviert – er bietet Hilfe zur Selbsthilfe.

Eine Trainerin bringt Menschen bestimmte Methoden oder Techniken nahe – oft in Seminaren oder Workshops. Trainer arbeiten oftmals in und mit Unternehmen, also innerhalb des Arbeitsumfeldes.Ein Berater ist Experte auf einem gewissen Gebiet und schaut sich bestimmte Problemsituationen an, um anschließend ein Lösungskonzept zu entwickeln.

Vor der Konsultation ist es wichtig, auf den Ausbildungsweg zu schauen. So kann jemand, der schon viel Erfahrung hat und beispielsweise Ernährungswissenschaften studiert hat, ein Ernährungscoach sein. Diese Person hat also eine große Expertise auf dem Gebiet, auf dem sie coacht. Jemand, der einen Bachelor im Fach Psychologie hat, also bereits einen Abschluss im Fach Psychologie, ist bis kurz vor dem Masterabschluss ein psychologischer Coach.

Psychologe, Psychiater, Psychotherapeut – zu wem gehe ich?

Wenn dein psychisches Wohlbefinden leidet, dann ist der erste richtige Schritt: deine Hausärztin:arzt aufzusuchen. Diese:r hilft dann weiter mit der Entscheidung, ob organische Ursachen abgeklärt werden müssen (also ob eine Neurologin für eine körperliche Erkrankung oder eine Psychiaterin für eine organische und seelische Erkrankung herangezogen werden muss) oder ob eine Psychotherapie (also eine reine psychische Therapie) ratsam ist. Entscheidest du dich für eine Psychotherapie, kannst du hier über das weitere Verfahren nachlesen.

Bei diagnostizierten psychischen Erkrankungen zahlt die Krankenkasse in der Regel die Kosten für die Behandlung. Vorausgesetzt, diese wird durch einen Psychiater oder einen psychologischen Psychotherapeuten durchgeführt. Zum Psychologen sollten psychisch Kranke nicht gehen, da er Krankheiten nicht behandeln darf. Wenn du privat die Dienste einer Psychologin in Form einer Beratung oder eines Coachings in Anspruch nehmen willst, musst du diese Kosten selbst übernehmen.

Selfapy hilft dir in Krisensituationen. Durch unsere psychologisch begleiteten Online-Kurse findest du Unterstützung ohne Wartezeit. Selfapy bietet Kurse bei verschiedenen psychologischen Belastungen.

Ein Artikel von

Julia Klinkusch Medizinredakteurin

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Quellenangaben

  1. Bundesagentur für Arbeit (o.D.): Facharzt/-ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/bkb/27510.pdf
  2. Bundesagentur für Arbeit (o.D.): Klinische/r Psychologe/Psychologin. https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/faces/index?path=null/kurzbeschreibung&dkz=9768
  3. Bundesagentur für Arbeit (o.D.): Psychologe/Psychologin. https://berufenet.arbeitsagentur.de/berufenet/faces/index?path=null/kurzbeschreibung/taetigkeitsinhalte&dkz=58770&such=Psychologe%2FPsychologin
  4. Mendius M., Werther S. (2015): Ausgewählte Berufsfelder der Psychologie. In: (eds.): Berufliche Karrierewege nach dem Psychologiestudium. S. 11-23, Springer
  5. Payk. T.R. (2012): Psychiater und Psychotherapeuten: Berufsbilder in der medizinischen und psychologischen Heilkunde, Kohlhammer
  6. Stiftung Gesundheitswissen (o.J.): Psychologe, Psychiater, Psychotherapeut, online verfügbar unter https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/gesundes-leben/psyche-wohlbefinden/psychologe-psychiater-psychotherapeut (letzter Zugriff: 04.05.2021)

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