Zurück 10 Oct 2022 · 6 min lesezeit
von Nora Kuhrt, Hanna Eggebrecht

Die Wechseljahre (auch Klimakterium) bezeichnen einen Zeitraum der hormonellen Umstellung in einem durchschnittlichen Alter von 40 bis 58 Jahren. Für Frauen ist eine Schwangerschaft danach nicht mehr möglich. Mit dem Ausbleiben der letzten Regelblutung spricht man von der Menopause. Auch Männer kommen in die Wechseljahre (Andropause), die vor allem mit einem Rückgang des Testosteronspiegels verbunden sind. Frauen und Männer erleben die Wechseljahre unterschiedlich, oft treten psychische Probleme auf und sogar eine Depression kann auftreten.

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Wechseljahre und Depression: Anzeichen

Östradiol, ein körpereigenes Hormon der Östrogene, kann in Verbindung mit der Empfindlichkeit der Stimmungslage eine gewisse Vorhersagekraft für die Entstehung einer Depression haben. Besonders Frauen, die

  • nicht zur Risikogruppe gehören (z.B. keine Vorerkrankungen haben) oder
  • noch am Beginn ihrer Menopause sind

erkranken mit größerer Wahrscheinlichkeit an einer Depression in der Perimenopause, wenn sie auch an Stimmungsschwankungen litten, wie eine Studie aus dem Jahr 2020 untersuchte. Während der Wechseljahre haben Frauen Symptome, die kaum merkbar sind, während ca. ⅓ aller Frauen einschneidende Veränderungen erleben. In einigen Fällen kann die Menopause und die Abnahme des Östrogens die psychische Gesundheit beeinträchtigen oder eine bereits bestehende psychische Erkrankung verschlimmern.

Einige der psychischen Probleme, unter denen Frauen in der Menopause leiden, können folgende sein:

  • Reizbarkeit
  • Traurigkeit, Niedergeschlagenheit bis hin zur Depression
  • Mangelnde Motivation, Müdigkeit
  • Angst, Anspannung, innere Unruhe
  • Aggressives Verhalten in den Wechseljahren
  • Konzentrationsschwierigkeiten, Vergesslichkeit
  • weniger oder gar keine Lust auf Sex
  • Stimmungsschwankungen

Wechseljahre und Depression können sich in ihren Symptomen ähneln, jedoch ist eine genaue Diagnostik durch eine*n Ärzt*in oder Psychotherapeut*in notwendig, um ggf. therapeutische Hilfe annehmen zu können. Die Symptome einer Depression sind:

  • depressive Stimmung
  • Freudlosigkeit / Interessenverlust
  • Antriebslosigkeit
  • negative Gedanken / Grübelzwang
  • pessimistische Zukunftsperspektive
  • Konzentrationsstörungen
  • niedriges Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
  • Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle
  • Schlafstörungen
  • Gefühl der Hoffnungslosigkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Suizidgedanken (besonders bei schwerer Depression).

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Hormone im Wirbelsturm: Expertin beantwortet Fragen

In den Wechseljahren werden bei Frauen die Hormone Östrogen und Progesteron in den Eierstöcken in geringerem Ausmaß produziert als vorher. Es kommt zu einem regelrechten Abfall der Hormonproduktion, der sich über etwa 10 Jahre hinzieht. Ein anderes Hormon kommt gleichzeitig in immer höheren Mengen vor: das FSH (Follikel stimulierendes Hormon) versucht weiterhin (vergeblich), die Produktion von Östrogen anzuregen.

Hormone haben nicht nur eine einzige Aufgabe, sie wirken an vielen verschiedenen Orten im Körper und diese Wirkung wird unterschiedlich empfunden. Viele Frauen erleben jedoch ein mittlerweile recht bekanntes Bündel von “Nebenwirkungen” der Hormonumstellung im Körper:

  • Schlafprobleme
  • Hitzewallungen oder ständiges Frieren
  • Stimmungsschwankungen.

Die Frauenärztin und Bestsellerautorin Sheila de Liz ist durch ihre Bücher, ihren Youtube-Kanal und zahlreiche Interviews bekannt geworden. Sie ist eine Vertreterin der Hormonersatztherapie mit bioidentischen Hormonen. Das bedeutet, dass ein Mangel an Hormonen (z.B. Östrogenmangel), wie er in den Wechseljahren bei Frauen vorkommen kann, durch einen Ersatz behandelt wird. Dieser Ersatz sind bioidentische (bio + identisch = naturgleiche) Hormone.

Bioidentische Hormone kommen in Tabletten oder Cremes vor und sind Substanzen, die entweder vom Körper selbst oder pflanzlich produziert werden. Vor Allem in den USA und dem Vereinigten Königreich erfreuen sich bioidentische Hormone bereits großer Beliebtheit und werden fast regelhaft von Fachärzt*innen empfohlen. Auch in Deutschland gibt es bereits Gynäkolog*innen, die bioidentische Hormone verschreiben- zum Beispiel Sheila de Liz.

Wechseljahre Psyche: Frauen vs. Männer

“[...] Frauen verlieren mit dem Eingang in die Postmenopause innerhalb weniger Jahre 90 % ihrer hormonellen Versorgung. [...] Sie leiden unter Depressionen, Schlafstörungen, Hitzewallungen oder Harnwegsinfekten.” - Sheila de Liz 
Unterschiede Frauen vs. Männer in den Wechseljahren
Wie sich Wechseljahre bei Frauen und Männern zeigen: Die Unterschiede.

Mit der Menopause, da fängt das Leben an!

Die Wechseljahre werden in westlich industriellen Kulturen bei Frauen als etwas eher Negatives betrachtet. Viele wissen nicht, dass auch Männer in die Wechseljahre kommen. Ungefähr ab 1700 bezeichneten plötzlich (männliche) Ärzte die Menopause der Frauen als eine Krankheit und etablierten den Begriff des “Menopausensyndroms”. Auch die veraltete und überholte Ansicht, dass das Ausbleiben der Regelblutung mit einem Verlust von Emotionalität, Schönheit und Weiblichkeit einhergeht, findet ihren Ursprung in dieser Zeit.

„Viele Frauen verbinden diese Lebensphase mit einem Verlust.“- Sheila de Liz

Die Einstellung gegenüber den Wechseljahren wurde auch in traditionell lebenden Völkern aus Bolivien und Tansania in Studien untersucht. Entsprechend der “Großmutterhypothese” verbringen Frauen nach den Wechseljahren mehr Zeit mit den Enkeln, der Nahrungssuche oder sie kümmern sich um jüngere Frauen. Beschwerden in den Wechseljahren sind hier eher selten genannt worden: Die Frauen fühlten sich jünger, weiser, stärker.

“Die Gesellschaft sah [...] die Mitte des Lebens als Übergang zum Status einer älteren Frau, [...] reich an Erfahrung und Wissen, respektiert und hochgeachtet.” - Susan Mattern, Historikerin

Östrogenmangel & Co: Ursachen psychischer Beschwerden in Menopause

Während der Wechseljahre können bestimmte Hormonveränderungen (wie Östrogenmangel) für depressive Verstimmungen oder ängstliche Gefühle sorgen. Diese Stimmungsschwankungen können sogar recht rasch auftreten. Es ist noch nicht geklärt, ob die Wechseljahre eine Depression auch verursachen können. Allerdings kann der sinkende Östrogenspiegel eine bereits vorhandene Depression oder eine Angststörung verstärken.

Die gute Nachricht ist, dass depressive oder ängstliche Symptome in den Wechseljahren gut behandelbar sind. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass diese Phasen der psychischen Beschwerden hormonell bedingt sind. Es gibt Strategien, die einem helfen, mit den Wechseljahren und den Stimmungsschwankungen umzugehen. Sollten die Symptome unerträglich scheinen, empfiehlt es sich, Rücksprache mit einem*r Arzt*in oder Psychotherapeut*in zu halten.

Was kann ich gegen die psychischen Beschwerden in den Wechseljahren tun?

In einer Literaturzusammenfassung aus dem Jahr 2020 kamen Forscher*innen zu dem Schluss, dass digitale Gesundheitstechnologien (virtuelle Sprechstunden, therapeutische Interventionen, Online-Foren) deutliche Verbesserungen im Umgang mit psychischen Problemen während der Menopause bewirken können.

Selfapy ist eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA), die kostenlos verfügbar ist. Bei Depression, generalisierter Angststörung und Panikstörung kann die App auf Rezept verordnet werden. In 12 wöchigen Online- Kursen werden psychotherapeutisches Wissen, Übungen und alltagstaugliche Tipps vermittelt.

Hier kannst du ein kostenloses Infogespräch mit einem*r unserer Psycholog*innen vereinbaren und dich beraten lassen. Hier sind einige Tipps, die dir den Umgang mit deiner schwankenden Stimmung erleichtern können:

  • Achte auf ausreichend Bewegung und gesunde Ernährung.
  • Sorge für eine gesunde Lebensweise, also vermeide Alkohol, Zigaretten oder andere Mittel mit Suchtpotenzial (auch unnötige Medikamente).
  • Versuche Ruhephasen in den Alltag einzubauen. Hier können Yoga, Meditation oder andere beruhigende Techniken helfen.
  • Pflege deine Hobbys und plane feste und regelmäßige Zeiten für sie ein.
  • Begegne dir mit Selbstliebe und verbringe Zeit mit dir allein. Schau zum Beispiel einen Film, lies ein Buch oder höre Musik.
  • Treffe Freund*innen und Familie, denn so pflegst du Kontakte und bleibst mit deinen Liebsten in Verbindung.

Hormone, Sex und Depression: die 3 Fragezeichen der Wechseljahre

Eine Studie aus dem Jahr 2019 fand heraus, dass es einen Zusammenhang zwischen Problemen und Symptomen der Menopause mit dem eigenen Körperbild, der sexuellen Kommunikation und Depression gibt. Alles beeinflusst sich gegenseitig, das bedeutet zum Beispiel, dass eine verbesserte sexuelle Kommunikation auch mit einem verbesserten Empfinden des eigenen Körpers einhergehen kann. Einige Forscher*innen aus Zürich haben ebenfalls den Zusammenhang der Wechseljahre mit Depression untersucht. Sie fanden heraus, dass eher Frauen eine Depression entwickeln, die 

  • schon einmal eine Depression hatten,
  • vor der Menstruation von PMS (dem prämenstruellen Syndrom) betroffen waren oder
  • zum Beispiel nach einer Schwangerschaft eine Depression entwickelt haben (postnatale Depression).

Dass die Lust auf Sex in den Wechseljahren gänzlich verschwindet ist jedoch ein Mythos. Eine geringere Lust kann jedoch bei Frauen und Männern vorkommen, allerdings sollte sich im Einzelfall die Frage gestellt werden, ob dieser Abfall der Lust mit einem veränderten Hormonhaushalt zusammenhängt oder nicht vielmehr ein den Umständen angepasster “Zustand” ist.

Während der Wechseljahre erleben Erwachsene sozusagen eine “zweite Pubertät”. Alles verändert sich und kann dementsprechend von unangenehmen Gefühlen, Ängsten oder Unsicherheiten begleitet sein. Dass die Lust auf Sex in solchen Phasen eher gering ist, scheint naheliegend.

In einer Befragung aus den USA haben Frauen ab 50 Jahren beispielsweise angegeben, dass sie zwar weniger oft Sex hätten, diesen jedoch intensiver genießen als sie es in jungen Jahren taten. Nur 15% der Teilnehmerinnen waren mit dem Sex in ihrem Leben überhaupt unzufrieden. 

Ein Artikel von

Nora Kuhrt Redakteurin · Content Managerin

Hanna Eggebrecht Redakteurin · B.Sc. Psychologie | M.Sc. Psychotherapie

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Quellenangaben

  1. Hochstrasser, B. (2003): Psychische Veränderungen in den Wechseljahren, In: Journal für Menopause, Ausgabe 10, Heft 2, S. 17-21, online verfügbar unter https://www.kup.at/kup/pdf/1495.pdf
  2. Seifert-Klauss, V. (2013): Endokrinologie. Klimawandel – Wenn Frauen in die Wechseljahre kommen, In: Geburtshilfe Frauenheilkunde, Nr. 73, Heft 5, S. 394-398
  3. Frankfurter Rundschau (2013): Die psychische Achterbahnfahrt der Frau, online verfügbar unter https://www.fr.de/ratgeber/gesundheit/psychische-achterbahnfahrt-frau-11386980.html
  4. Camille Cronin, Catherine Hungerford & Rhonda Lynne Wilson (2021) Using Digital Health Technologies to Manage the Psychosocial Symptoms of Menopause in the Workplace: A Narrative Literature Review, Issues in Mental Health Nursing, 42:6, 541-548, DOI: 10.1080/01612840.2020.1827101
  5. Gordon, J., Sander, B., Eisenlohr-Moul, T., & Sykes Tottenham, L. (2021). Mood sensitivity to estradiol predicts depressive symptoms in the menopause transition. Psychological Medicine, 51(10), 1733-1741. doi:10.1017/S0033291720000483 Hong, J.H., Kim, H.Y., Kim, J.Y. and Kim, H.K. (2019), Do psychosocial variables mediate the relationship between menopause symptoms and sexual function in middle-aged perimenopausal women?. J. Obstet. Gynaecol. Res., 45: 1058-1065. https://doi.org/10.1111/jog.13927
  6. https://de.wikipedia.org/wiki/Hormonersatztherapie#Bioidentische_Hormonehttps://wechseljahre-verstehen.de/beschwerden/depressionen/
  7. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-062l_S3_HT_Peri-Postmenopause-Diagnostik-Interventionen_2021-01.pdf 
  8. https://www.dak.de/dak/meine-gesundheit/wechseljahre-interview-mit-dr--sheila-de-liz-2535070.html#/ 
  9. https://www.deutschlandfunkkultur.de/gynaekologin-sheila-de-liz-ueber-wechseljahre-da-herrscht-100.html 
  10. https://www.gesundheitsinformation.de/wechseljahrsbeschwerden.html#:~:text=In%20den%20Wechseljahren%20(%20Klimakterium)%20ver%C3%A4ndert,erleben%20die%20Wechseljahre%20sehr%20unterschiedlich.
  11. https://www.kry.de/magazin/wechseljahre-beim-mann/ 
  12. https://www.kry.de/magazin/wechseljahre-beim-mann/ 
  13. https://www.psychologie-heute.de/gesundheit/artikel-detailansicht/41863-starke-zweite-haelfte.html 
  14. https://www.youtube.com/watch?v=_Ml_SfmWLtc
  15. Susan Mattern: The Slow Moon Climbs. The Science, History and Meaning of Menopause. Princeton University Press, Princeton/Oxford 2019.Wulf Rössler u. a.: Does menopausal transition really influence mental health? Findings from the prospective long-term Zurich study. World Psychiatry, 15/2, 2016, 146–154. DOI: 10.1002/wps.20319.

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