Zurück 16 Jun 2022 · 13 min lesezeit
von Hanna Eggebrecht

Borderline oder auch emotional instabile Persönlichkeitsstörung ist eine psychische Erkrankung, bei der Betroffene zwischen extremen Gefühlslagen schwanken.

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Anzeichen für Borderline: Symptome

  • Starke Stimmungsschwankungen
  • Überflutung durch unangenehme Gefühle
  • Schwierigkeiten, Gefühle zu steuern bzw. kontrollieren
  • Negative Grundannahmen
  • automatische negative Gedanken
  • Vorstellungen von anderen schlecht behandelt oder beurteilt zu werden
  • Unsicherheit, Ekel im Umgang mit dem eigenen Körper
  • Gefühl anders zu sein
  • Unsicherheit über eigene Meinung, Ziele
  • Intensive, unsichere Beziehungen
  • Schwierigkeiten allein zu sein
  • Angst verlassen zu werden
  • Angst vor Nähe
  • Impulsives, selbstschädigendes Verhalten

Was ist Borderline?

Die Borderline Persönlichkeitsstörung wird auch “emotional instabile Persönlichkeitsstörung” genannt, da die Bezeichnung “Borderline” nur einem Subtyp entspricht. Von Borderline spricht man, wenn eine Person extrem impulsiv handelt, unvorhersehbare und launenhafte Gefühle zum Ausdruck bringt und auch zu emotionalen Ausbrüchen neigt. Die Personen, die vom Borderline Syndrom betroffen sind, können diese intensiven Gefühle nicht richtig kontrollieren oder in einer angemessenen Art und Weise ausdrücken. Sie reagieren meist auf kleinste Dinge sehr extrem und können emotionale Abstufungen nicht nachvollziehen. Daraus resultiert zum Beispiel auch, dass jemand mit Borderline schnell in eine Streitsituation gerät. Wenn impulsive Handlungen und Pläne von Angehörigen oder Freund:inne durchkreuzt werden, indem die Handlung rational hinterfragt wird, kann allein das eskalieren und zu einem Konflikt führen. 

„Dann gab es eben ein winziges Detail, das jemand gesagt oder gemacht hat. Und das konnte halt in Minuten umschlagen in ganz große, innere Verzweiflung.“

Borderline Typen: Emotional instabile Persönlichkeitsstörung 

Die emotional instabile Persönlichkeitsstörung ist im ICD-10, dem Diagnosemanual für körperliche und psychische Störungen der WHO, durch zwei Typen gekennzeichnet.

  1. Impulsiver Typ: Personen, die dem impulsiven Typ der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung entsprechen, sind in ihrem Verhalten hauptsächlich emotional instabil und können allerlei Handlungsimpulse nur schwer kontrollieren.
  2. Borderline Typ: Betroffene des Borderline Typus (BPS) der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung haben zusätzlich zu den Verhaltensweisen des impulsiven Typs noch Störungen des Selbstbildes, also können sich selbst nicht richtig “fassen” oder eigene Ziele und Werte beschreiben. Zudem fühlen sich diese Menschen innerlich leer und gehen zwar sehr intensive Beziehungen zu anderen Personen ein, oftmals sind diese aber kurzlebig und unbeständig. Die Neigung zu selbstzerstörerischem und verletzendem Verhalten ist besonders typisch und auch aus Medienberichten, Populärwissenschaften und Filmen bekannt. 

10-12% der Allgemeinbevölkerung leiden laut verschiedenen Studien an einer Persönlichkeitsstörung.

Borderline: Fragen und Antworten

Was bedeutet “impulsiver Typ” bei Borderline?

Betroffene…

  • haben sich nicht unter Kontrolle
  • verschwenden Geld/ geben Unmengen Geld bis zur Verschuldung aus
  • haben übersteigerte sexuelle Lust (hohe Libido)
  • Missbrauchen Alkohol und Drogen
  • gefährden andere Menschen (zum Beispiel im Straßenverkehr) durch Rücksichtslosigkeit
  • verletzen sich ggf. selbst (schneiden sich zum Beispiel)
  • haben Stimmungsschwankungen in hohem Ausmaß
  • Stimmung ist sehr stark von außen beeinflussbar
  • sind oftmals selbstmordgefährdet

Was heißt “Borderline” auf deutsch?

Der Begriff Borderline soll in seiner wörtlichen Übersetzung “Grenzlinie” für den schmalen Grat, also die Linie zwischen verschiedenen extremen Gefühlslagen, stehen. 1939 wurde der Begriff erstmals vom Psychiater Stern verwendet, als er den Grenzbereich zwischen neurotischen und psychotischen Störungen erklärte: „border line group of neurosis“.

Wer ist häufiger von Borderline betroffen?

Mit einer Prävalenz von 70% sind deutlich mehr Frauen von der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung des Borderline Typs betroffen. Insgesamt liegt die Wahrscheinlichkeit, die Erkrankung zu bekommen bei 1-2%.

Wie wird Borderline festgestellt?

In einer Klinik oder andernorts wird von einer Fachperson die Diagnose gestellt, nachdem diverse Fragebögen, Tests und Berichte Dritter einbezogen wurden. Manchmal werden auch Laboruntersuchungen des Blutes oder ein MRT angeordnet. Diese Tests sind zur Diagnostik von Borderline bekannt (Auswahl):

  • ADP- IV
  • Borderline-Persönlichkeits-Inventar (BPI)
  • Questionnaire of thoughts and feelings (QTF)
  • Borderline Personality Disorder Scale

Was ist was? Bipolar, Borderline, Persönlichkeit

  • Borderline Definition: Der Borderline Typ der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung (F60.31) ist geprägt durch emotionale Instabilität und fehlende oder wenig ausgeprägte Impulskontrolle. Betroffene sind sich unklar über das Selbstbild, ihre Ziele oder innere Werte und Grenzen. Ein chronisches Gefühl innerer Leere und selbstverletzendes und suizidales Verhalten sind typisch. Es besteht außerdem eine Neigung zu intensiven aber sehr instabilen zwischenmenschlichen Beziehungen bei gleichzeitig auftretender massiver Angst davor, verlassen zu werden bzw. allein zu sein.
  • Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (F60.3): Es besteht eine Tendenz zu impulsivem Handeln, ohne Berücksichtigung möglicher Konsequenzen. Es kommt zu gewalttätigem Verhalten, launischer und unvorhersehbarer Stimmung, vielen Konflikten und Wutausbrüchen.
  • Bipolar: Hier besteht Verwechslungsgefahr! Die bipolare Störung zählt zu den affektiven Störungen. Die typische Symptomatik bezieht sich auf einen Wechsel zwischen absolutem Hochgefühl und niederschmetternder Depression. Betroffene wechseln also phasenhaft zwischen diesen Stimmungswelten. Bei der Borderline- Persönlichkeitsstörung kommt es zwar auch zu Stimmungs- und Gefühlsschwankungen, allerdings sind diese Schwankungen bei der Borderline-Störung eher von äußeren Faktoren ausgelöst, als bei der bipolaren Störung. Zudem muss man sich die Welt mit Borderline Symptomen eher als Grat zwischen extremen Welten vorstellen, als eine Abwechslung von Phasen. 
  • Persönlichkeit: „Zeitlich überdauernde Eigenschaften und Verhaltensweisen eines Menschen, die in ihrer jeweiligen Konstellation seine Reaktionen erklären und Vorhersagen auf sein zukünftiges Verhalten ermöglichen.“ (Bohus, 2000) Eine Persönlichkeitsstörung muss also eine Störung dieser Faktoren beinhalten. Im ICD-10 sind Persönlichkeitsstörungen deshalb als sehr deutlich von Normen abweichende charakteristische und dauerhafte Erfahrungs- und Verhaltensmuster beschrieben. Diese Abweichungen müssen sich in mehr als einem der Bereiche Affektivität (Gefühle/ Stimmung), Kognition (Gedanken), Impulskontrolle und Bedürfnisbefriedigung sowie zwischenmenschliche Beziehungen (romantischer oder freundschaftlicher Art).

Diagnose: Borderline Persönlichkeitsstörung

Um eine Persönlichkeitsstörung wie Borderline zu diagnostizieren, braucht es qualifizierte Fachpersonen und Testinstrumente. Dazu reicht nicht nur ein Test oder Fragebogen aus. Die unten genannten Fragen sind der sogenannten “Borderline Symptom Liste” (BSL-23) entnommen und enthalten als Kurzfassung 23 Fragen, deren Antworten Rückschlüsse auf eine eventuell vorliegende Symptomatik geben können. Bestenfalls dient dieser Fragebogen jedoch nur der eigenen Einschätzung und darf nicht mit einem Diagnosemanual verwechselt werden. 

Test: Habe ich Borderline?

Anleitung: In den unten genannten Fragen sind Probleme und Beschwerden aufgelistet, die Dein Befinden möglicherweise beschreiben können. Bitte entscheide für jede Zeile, wie ausgeprägt Du darunter in der letzten Woche gelitten hast. Nicht die Antwort, die den besten Eindruck macht, sondern die, die auf Dich persönlich zutrifft, ist die beste Antwort. Bitte vergib Zahlen entsprechend dieser Skala: 0= überhaupt nicht 1= ein wenig 2= ziemlich 3= stark 4= sehr stark

Während der letzten Woche…

  1. … konnte ich mich schlecht konzentrieren.
  2. … erlebte ich mich als hilflos
  3. … war ich geistig abwesend und erinnerte nicht, was ich genau tat
  4. … litt ich unter Ekelgefühlen
  5. … dachte ich an Selbstverletzungen
  6. … traute ich anderen Menschen nicht
  7. … glaubte ich, keine Lebensberechtigung zu haben
  8. … fühlte ich mich einsam.
  9. … stand ich innerlich unter Hochspannung.
  10. … tauchten in mir Szenen auf, die mich stark ängstigten.
  11. … hasste ich mich selbst.
  12. … hatte ich das Bedürfnis, mich selbst zu bestrafen
  13. … litt ich unter Schamgefühlen.
  14. … wechselten meine Stimmungen in kurzer Zeit zwischen Angst, Ärger und Depression.
  15. … litt ich unter der Wahrnehmung von Stimmen von außen/von innen
  16. … erlebte ich Kritik als vernichtend.
  17. … war ich leicht verletzbar.
  18. … übte die Vorstellung vom Tod eine gewisse Faszination auf mich aus.
  19. … kam mir alles sinnlos vor.
  20. … hatte ich Angst, die Kontrolle zu verlieren.
  21. … fand ich mich widerlich.
  22. … war ich wie weit entfernt von mir selbst.
  23. … hielt ich mich für wertlos.

Auswertung: Die Auswertung ergibt sich, indem man den Mittelwert aus der Summe der Punkte errechnet. Dieser bedeutet dann für die folgende Auswertung:

  • Kein oder leichter Schweregrad: 0–0.28
  • Milder Schweregrad der Symptome: 0.28–1.07 
  • Moderater Schweregrad der Symptome: 1.07–1.87
  • Hoher Schweregrad der Symptome: 1.87–2.67
  • Sehr hoher Schweregrad der Symptome: 2.67–3.47
  • Extrem hoher Schweregrad der Symptome: 3.47–4

Diese Auswertungszahlen sind empirisch belegt worden. Häufig werden Angehörige oder Freund:innen in die Anamnese mit einbezogen. Einzelne Fragen, die auf eine Symptomatik mit Bezug zu Borderline hindeuten können, sind diese:

  • Leidest du oft unter sich schnell einstellender (plötzlicher) Hochspannung?
  • Hast du oft das Gefühl, dass du irgendwie anders bist als andere?
  • Fällt es dir leicht allein zu sein bzw. dich allein zu beschäftigen?

Personen, die an Borderline Symptomen leiden, können häufiger nicht allein sein bzw. brauchen sie jemand anderen, um sich nicht einsam zu fühlen. Darüber Hinaus berichten Personen mit Borderline von einer inneren Spannung, wenn es ihnen nicht gut geht oder sie negative Erlebnisse hatten. Eine Borderline Persönlichkeitsstörung kann sich dadurch bemerkbar machen, dass man selbst das Gefühl hat, im Kreis von anderen aufzufallen oder sich “anders” zu verhalten. In jedem Fall kann nur ein:e Ärzt:in oder Psychotherapeut:in oder andere geschulte Personen eine solche Diagnose stellen. Verlustangst und Angst allein zu sein ist nicht nur für Betroffene von Borderline ein Thema. Auch im Alltag haben “normale” Menschen damit zu kämpfen. Schnelle Hilfe bieten die Inhalte zahlreicher Ratgeber und Podcasts. Die Psychologin Stefanie Stahl thematisiert diese Problematik auch in einer kurzen Podcastfolge.

Neue Diagnostik ab 2022

Im ICD-10, dem Diagnosemanual der Weltgesundheitsorganisation wurde die emotional instabile Persönlichkeitsstörung mit Borderline Typ bisher unter dem Code F60.3 klassifiziert. Im Januar 2022 ist das ICD-11, also eine neue Auflage, erschienen. Für Persönlichkeitsstörungen wurde die Einordnung überarbeitet, sodass man zukünftig nicht mehr nach Kategorien wie “Borderline”, “Schizotyp” oder “Narzisstisch” klassifiziert, sondern nur noch nach Schweregraden und besonderen Merkmalen. Es wird also nur geschaut, inwiefern eine Person Symptome zeigt, die leicht, mäßig oder schwer sind und demnach das “Funktionieren” der Person beeinflussen. 

  • Leichte Persönlichkeitsstörung: Hiervon spricht man, wenn nur in einzelnen Lebensbereichen eine Beeinträchtigung besteht. Dazu gehört auch, dass mindestens einige soziale und berufliche Rollen aufrechterhalten werden können und die Betroffenen nicht gesellschaftlich entgleisen. Das bedeutet ebenfalls, dass keine akute Gefahr für sich selbst (zum Beispiel durch Selbstverletzung) oder für andere (zum Beispiel durch aggressives Verhalten) besteht.
  • Mäßige Persönlichkeitsstörung: Hier sind in mehreren Lebensbereichen Beeinträchtigungen zu sehen. Die emotionalen, geistigen und das Verhalten betreffende Folgen haben einen mäßigen Schweregrad und Betroffene zeigen teilweise selbst- und fremdschädigendes Verhalten.
  • Schwere Persönlichkeitsstörung: Beim letzten Schweregrad innerhalb der Persönlichkeitsstörungen sind die Ausprägungen der Symptome so hoch, dass Betroffene schwer bis gar nicht gesellschaftlich integrierbar sind und sich dementsprechend nicht an soziale Regeln halten. Die Symptome erstrecken sich auf nahezu alle Lebensbereiche, zudem gehen die schweren Persönlichkeitsstörungen oft mit selbst- und fremschädigendem Verhalten einher. 
Einteilung der Persönlichkeitsstörungen nach Clustern (A, B, C) im DSM-5

Woher kommt Borderline? Ursachen

„Invalidierende Ursprungsfamilien, vor allem Familien mit psychischen und sexuellem Missbrauch, tragen zur Entwicklung der emotionalen Fehlregulation bei. (...)”

In umfassenden Untersuchungen ist unter anderem herausgekommen, dass ein sogenanntes “invalidierendes” Umfeld zur Entwicklung einer Persönlichkeitsstörung beitragen kann. Dieses invalidierende Umfeld bezeichnet traumatisch erlebte Erfahrungen in Bezug auf eigene Emotionen, zum Beispiel, dass sie nicht wichtig sind. Beispielhaft ist, dass das Sprechen über Missbrauch nicht ernst genommen wird, man selbst und seine Gefühle lächerlich gemacht wird oder Bedürfnisse, die ganze elementar sind, nicht wahrgenommen werden. In einem Beitrag des Deutschlandfunks wird von einer Betroffenen folgendes über ihre Familie geschildert:

“Mila hat kaum Erinnerungen an ihre Mutter: eine Frau ohne Interesse für ihr Kind und innerlich abwesend. (...) Also eigentlich ist es eine Vernachlässigung von der Seite meiner Mutter und ein Missbrauch von der Seite meines Vaters. Denn meine Eltern waren schneller in der Beziehung nicht mehr so richtig miteinander. Und mein Vater hat sich dann einen anderen emotionalen Ansprechpartner gesucht, und das war ich dann, aber ich war ein Kind. Und letztendlich ist dann zusammengebrochen, als mein Vater sich andere Frauen außerhalb der Ehe suchte, und da ging es dann nämlich mir schlecht, ich habe ihm Vorwürfe gemacht und nicht meiner Mutter.”

Darüber Hinaus sind noch andere Interviews und Hörbeiträge online verfügbar, unter anderem dieser hier

Eine Persönlichkeitsstörung wie Borderline ist ein sehr umfassendes Störungsbild, das für die Betroffenen Probleme in Beziehungen, im Alltag oder im Beruf mit sich bringt. Man vermutet deshalb auch viele verschiedene Ursachen für Borderline:

  • Biologische Faktoren: Laut Studien sind einige Persönlichkeitsstörungen mit einer Erblichkeit von bis zu 60% nachgewiesen. Diese Zahl gilt zwar nicht für die Borderline Persönlichkeitsstörung, auch wenn hier ebenfalls ein genetischer Anteil vermutet wird.
  • Prä-, peri- und postnatale Faktoren: Wenn es vor, während oder nach der Geburt des Kindes zu Komplikationen kam steigt die Wahrscheinlichkeit, an einer psychischen Störung zu erkranken.
  • Psychosoziale Faktoren wie Missbrauch, traumatische Erfahrungen, Erziehungsstil oder auch interpersonelle Besonderheiten (Temperament) können zur Entstehung einer Persönlichkeitsstörung beitragen. 

Borderline: Therapie

Es gibt einige Therapieformen, die bei Borderline helfen können. Die am meisten genutzte und auch hilfreichste Therapie ist jedoch die dialektisch behaviorale Therapie, kurz DBT. Sie wurde von Marsha Linehan in den 1980er Jahren entwickelt und ist eine Art besondere Richtung extra für Betroffene von Borderline Symptomen.

Die DBT kombiniert verschiedene Techniken aus der Verhaltenstherapie, Psychodynamik und achtsamkeitsbasierten Therapien. Mit “Dialektik” ist gemeint, dass es ein Wechselspiel zwischen Akzeptanz und Veränderung gibt. Das bezieht sich auf Therapeut:in und Patient:in. Man kann sich die Beziehung von Therapeut:in und Patient:in mit Borderline wie eine Wippe in der DBT vorstellen. Jede:r sitzt auf einer Seite der Wippe und man bewegt sich entweder ein wenig mehr in die eine Richtung oder in die andere, ganz abhängig davon, welche Bedürfnisse, Probleme und Ziele gerade verfolgt werden. Die DBT gibt es als Einzel- und Gruppenformate mit unterschiedlicher Dauer. Im stationären Setting, also in einer Klinik auf Station ist die DBT für drei Monate vorgesehen. Für zwei Jahre mindestens kann sie aber auch ambulant durchgeführt werden. In der Gruppentherapie sind insbesondere die “Skillsgruppen” besonders relevant. Hier werden bestimmte Übungen gemacht, um mit negativen Emotionen und hoher innerer Anspannung angemessen umgehen zu können. Außerdem wird in der DBT eine sogenannte Hierarchie erstellt. Das bedeutet, dass man bevor man mit der Therapie beginnt, eine Ordnung bestimmt, nach der man vorgeht. Zum Beispiel: Zuerst wird die Suizidalität behandelt, dann selbstverletzendes Verhalten und so weiter.

Eine Hierarchie kann so aussehen: 

1. Suizidalität 

2. Selbstverletzendes Verhalten 

3. Therapieschädigendes Verhalten 

4. Behandlung der Verhaltenskontrolle 

5. Behandlung des emotionalen Erlebens/ der kognitiven Grundüberzeugungen 

6. Verbesserung der Lebensqualität

Borderline Therapie: Was geht noch?

Weitere Therapieverfahren, die für die Behandlung von Borderline empfohlen werden sind:

  • MBT: Die mentalisierungsbasierte Psychotherapie verbindet psychodynamische, systemische, klientenzentrierte und dialektisch-behaviorale Elemente. Mentalisieren bedeutet, bei sich selbst und anderen mentale, geistige und emotionale Vorgänge erkennen zu können. Diese Vorgänge sind die Grundlage für Verhalten und können auch bei sich selbst durch Reflexion erfasst werden. 
  • SFT steht für lösungsorientierte Kurzzeittherapie (solution focused brief therapy). Hierbei geht es hauptsächlich um Einfachheit und somit auch nicht um das Rätseln über Ursachen von komplexen Problemen. Die Lösungsorientierung beschreibt also den praktischen Grundsatz, den Fokus auf die Lösung eines Problems zu legen, statt es zunächst verstehen zu wollen. Obwohl die SFT noch recht jung ist konnte ihre Wirksamkeit bereits durch mehrere Studien belegt werden. 
  • TFP: Die wahrscheinlich “klassischste” Methode ist die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Sie beruht in ihren Grundfesten auf den Theorien Freuds und ist dennoch nicht mit der bekannten “Couch- Therapie” zu verwechseln. Es wird besonders auf die Ursachen von aktuellen Problemen eingegangen, um ein erhöhtes Verständnis für das eigene Fühlen zu entwickeln. 

Filme mit Borderline Thema

(!) Bitte beachte: Filme und Bücher sind eine Darstellungsform, in der es auch darum gehen muss, eine “spannende” Geschichte zu erzählen, sodass die Symptome von Borderline möglicherweise verzerrt oder entsprechend Stigmata und Vorurteilen dargestellt werden. Die Störung wird so einer breiteren Masse zugänglicher. Dies entspricht aber nicht unbedingt dem Krankheitsbild!

  • “Das fehlende Grau” (2015)
  • “Allein”
  • “Eine verhängnisvolle Affäre” 
  • “My first mister”
  • “Durchgeknallt”

Besonderer Tipp: Die Influencerin Alex Jeanne ist selbst von Borderline betroffen und berichtet in den sozialen Medien und in ihrem Podcast über die interessantesten und wissenswerten Dinge aus dem Leben mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung. 

Ein Artikel von

Hanna Eggebrecht Redakteurin · B.Sc. Psychologie | M.Sc. Psychotherapie

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Quellenangaben

  1. Bohus, M. (2000). Borderlinepersönlichkeitsstörungen. In: Margraf, J. (eds) Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-08348-2_22
  2. Bohus, M. (2009). Borderline-Persönlichkeitsstörung. In J. Markgraf & S. Schneider (Hrsg.), Lehrbuch der Verhaltenstherapie, 3. Auflage, Band 2 (S. 534-559). Heidelberg: Springer. 
  3. https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%B6sungsorientierte_Kurztherapie
  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Mentalisierungsbasierte_Psychotherapie
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Tiefenpsychologisch_fundierte_Psychotherapie
  6. https://www.bfarm.de/DE/Kodiersysteme/Klassifikationen/ICD/ICD-11/_node.html
  7. https://www.deutschlandfunk.de/ruhe-nach-dem-daueralarm-wie-sich-borderline-heilen-laesst-100.html
  8. https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-who/kode-suche/htmlamtl2019/block-f60-f69.htm
  9. https://www.zi-mannheim.de/forschung/abteilungen-ags-institute/psm/psm-informationen-downloads.html?rU=3648&aC=31b0bf90&cmd=infomail
  10. Kleindienst, N., Jungkunz, M. & Bohus, M. A proposed severity classification of borderline symptoms using the borderline symptom list (BSL-23). bord personal disord emot dysregul 7, 11 (2020). https://doi.org/10.1186/s40479-020-00126-6
  11. S. Barnow et al.: Emotion regulation and psychopathology taking cultural influences into account. Psychotherapie 2011, Bd. 16, Heft 1. CIP-Medien. München https://sbt-in-berlin.de/cip-medien/01.Barnow.pdf 
  12. S2 Leitlinie Persönlichkeitsstörungen
  13. Shearin, E. N., & Linehan, M. M. (1989). Dialectics and behavior therapy: A metaparadoxical approach to the treatment of borderline personality disorder. In L. M. Ascher (Ed.), Therapeutic paradox (pp. 255–288). Guilford Press.
  14. Torgersen, S. (2005). Epidemiology. In J. M. Oldham, A. E. Skodol, & D. S. Bender (Eds.), The American Psychiatric Publishing textbook of personality disorders (pp. 129–141). American Psychiatric Publishing, Inc.

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