Die Bulimie (auch “Ess- Brech- Sucht”) ist eine Essstörung. Bei einer Bulimie haben Betroffene häufig wiederkehrende Heißhungerattacken und bekommen danach ein unangenehmes Gefühl, sodass das viele Essen wieder erbrochen oder abgeführt wird. Deshalb zählt zu den typischen Bulimie-Symptomen auch der Gebrauch von Abführmitteln.
Inhaltsverzeichnis
- Bulimie: Symptome
- Bulimie: Definition & Diagnose
- Ist es Bulimie? Anzeichen erkennen
- Bulimie: Folgen und Schäden
- Folgen von Bulimie für Haut und Fruchtbarkeit
- Warum bin ich von Bulimie betroffen? – Ursachen
- Bulimie vs. Anorexie: Verherrlichende Portale
- Frauen häufiger betroffen
- Wie eine Bulimie anfängt
- Bulimie: Behandlung und Untersuchung
- So funktioniert eine Bulimie-Therapie
- Bulimie-Hilfe: Was ist wirksam?
- Was ist Bulimie? Filme, Bücher und mehr
Bulimie: Symptome
- Essanfälle und gegensteuerndes Verhalten:
- extremes Sporttreiben,
- Missbrauch von Laxantien (Abführmittel) und Brechmitteln,
- selbstinduziertes Erbrechen (“Ess-Brech-Sucht”),
- gestörte Selbstwahrnehmung,
- Furcht zuzunehmen, sich selbst zu dick finden.
- Körperschemastörung (Dysmorphophobie)
Ein typischer Satz bei einer Körperschemastörung könnte lauten:
“Peinlich! Was die jetzt wohl denken. Ich hab viel zu viel gegessen. Guck Dir meinen Bauch an. Mein Gott, bin ich fett. Die Waage bricht bestimmt zusammen!”
Übrigens: Bei einem “Essanfall” oder einer “Heißhungerattacke” werden bei Bulimie zwischen 680 und 8500 kcal verzehrt. Im Durchschnitt sind das 2000 kcal pro “Nahrungsaufnahme”.
Schweregrade von Bulimie
Leichte Bulimie: 1 bis 3 Episoden unangemessener kompensatorischer Maßnahmen pro Woche
Mittlere Bulimie: 4 bis 7 Episoden unangemessener kompensatorischer Maßnahmen pro Woche
Schwere Bulimie: 8 bis 13 Episoden unangemessener kompensatorischer Maßnahmen pro Woche
Extreme Bulimie: 14 oder mehr Episoden unangemessener kompensatorischer Maßnahmen pro Woche
Man unterscheidet bei Bulimie zwei Arten:
- Purging Type (direkte Entleerung: Erbrechen): Diese Art von Bulimie betrifft ca. 70 bis 90 % der Betroffenen. Diesem Typ entsprechen die bekannten Bulimie- Symptome des Erbrechens, nachdem große hochkalorische Mengen an Nahrungsmitteln verzehrt wurden. Das direkte Erbrechen bei Bulimie wird meist mit dem Finger oder Stiel provoziert, den Betroffene sich in den Rachen schieben. Manche Patient:innen mit Bulimie nutzen auch Hilfsmittel wie Abführmittel oder Entwässerungsmittel und setzen sich Einläufe. Diese “Hilfsmittel” kommen eigentlich aus dem klinischen Kontext und werden zum Beispiel vor Darmspiegelungen routiniert eingesetzt. Als künstlich herbeigeführte Darmentleerung bei Bulimie ist diese Methode jedoch gesundheitsschädlich.
- Non-Purging-Type (exzessiver Sport, Hungern): Von Bulimie Betroffene müssen nicht zwangsläufig durch Erbrechen gekennzeichnet sein, auch wenn dies der häufigste Typ ist. Sozusagen eine “Bulimie ohne Erbrechen”, beschreibt der andere “Non-Purging-Typ” bei Bulimie. Hier wird die Gewichtszunahme durch strenges Fasten und übermäßige sportliche Aktivität ausgeglichen. Diese Bulimie- Symptome sind seltener als beim “Purging-Type”, jedoch ebenso typisch für die eine Bulimie. “Wann ist der Magen leer” ist eine Frage, die Betroffene von Bulimie zum Beispiel mit farbigen Lebensmitteln kontrollieren. Dazu kann zum Beispiel eine Tomate zu Beginn einer Essattacke gegessen werden und darüber wird anschließend kontrolliert, ob der Mageninhalt der Essattacke ausgeleert wurde.
„Es war wie ein innerer Zwang, ich musste mich einfach bewegen. Selbst in einer Phase, wo ich mich entschieden hatte, zuzunehmen, gesund werden zu wollen… Es war sehr quälend…“
Bulimie: Definition & Diagnose
Man muss die Diagnosen "Binge-Eating-Störung" und "Bulimie" sehr genau voneinander abgrenzen, da sie sich sehr ähnlich sind. Zur Diagnose Binge-Eating zählen folgende typische Symptome:
Eine Binge-Eating-Episode ist ein bestimmter Zeitraum, in dem die betroffene Person
- subjektiv die Kontrolle über das Essen verliert,
- deutlich mehr oder anders isst als gewöhnlich und
- sich nicht in der Lage fühlt, mit dem Essen aufzuhören oder
- die Art oder Menge der verzehrten Lebensmittel zu begrenzen.
Bei einer Bulimie werden diese Binge-Eating-Anfälle (Essanfälle/Heißhungerattacken) von wiederholten unangemessenen kompensatorischen Verhaltensweisen begleitet, die eine Gewichtszunahme verhindern sollen (z. B. selbst herbeigeführtes Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln oder Einläufen, anstrengender Sport).”
Laut ICD-11 ist eine Bulimie “gekennzeichnet durch häufige wiederkehrende Essanfälle.” Die Diagnose für Bulimie wird vergeben, wenn die Bulimie-Symptome mindestens einen Monat durchgehend andauern.
Bulimie Definition von der WHO
Wichtig für die Diagnosestellung einer Bulimie ist zudem, dass die Person nicht die diagnostischen Anforderungen der Anorexia nervosa erfüllt.
Die Diagnose
Um die Diagnose Bulimie richtig zu stellen, werden meist Fragebögen und Gespräche mit Ärzt*innen bzw. Psycholog*innen durchgeführt. Es gibt zum Beispiel das strukturierte Interview für Anorexie und Bulimie (SIAB). Es besteht aus einem Fragebogen zur Selbsteinschätzung sowie einem Interviewteil, den ein Arzt bzw. Ärztin oder Psychotherapeut*in zusammen mit Patient*innen durchgeht.
Ist es Bulimie? Anzeichen erkennen
Die Anzeichen von Bulimie für Außenstehende können (müssen aber nicht!) folgende sein:
- Essen in der Öffentlichkeit wird vermieden (stattdessen versteckt, heimlich),
- Häufig “Ich habe schon gegessen” sagen, kann Anzeichen für Bulimie sein,
- Ständiges Kalorienzählen,
- Auffällig viel Wissen über Kalorien, Fette und Kohlenhydrate,
- Diätphasen vor Essanfällen,
- Eigenes Wunschgewicht extrem niedrig gewählt,
- Viel Geld für Nahrungsmittel ausgeben (bis zur Verschuldung),
- Horten und einkaufen großer billiger Mengen von Essen,
- Erhöhter Bewegungsdrang und exzessiver Sport.
Es gibt sichtbare und unsichtbare Bulimie Anzeichen. Gesicht, Körper und Seele sind gleichermaßen betroffen. Manchmal kommen bei Bulimie “Hamsterbacken” im Gesicht vor, was auf geschwollene Speicheldrüsen oder Zahnschäden hindeutet.
Meist erkennen nahestehende Familienmitglieder und Freund*innen von Personen mit Bulimie eher, wenn diese sich verändern und möglicherweise eine Bulimie entwickeln. Auch wenn Bulimie als "heimliche Krankheit" gilt, ist zum Beispiel anhand von Essprotokollen schnell Klarheit in einen Verdacht gebracht.
Bulimie: Folgen und Schäden
Die Folgen einer Bulimie können sich jahrelang körperlich äußern:
- Zahnschädigungen durch häufiges Erbrechen
- Schwellungen der Speicheldrüsen, (ebenfalls durch Erbrechen verursacht)
- Entzündungen der Speiseröhre,
- Herzrhythmusstörungen,
- Risse der Speiseröhre oder des Magendarmtraktes,
- Nierenfunktionsstörungen.
Bulimie Spätfolgen: Organschäden
Dass Bulimie körperliche Folgen mit sich bringt, lässt vermuten, dass diese auch noch als Bulimie- Spätfolgen existieren können und Betroffene jahrelang nach der Bulimie plagen. Zudem existieren hohe Komorbiditäten mit
- Persönlichkeitsstörungen,
- Depressionen,
- Substanzkonsumstörungen und
- Elektrolytentgleisungen.
Bestand eine Bulimie jahrelang hat das in vielen Fällen eine chronische Mangelernährung zur Folge. Die strengen Diäten oder das ungesunde lang anhaltende Fasten sowie die missbräuchliche Einnahme von Abführmitteln können den Elektrolythaushalt in ein Ungleichgewicht bringen. Das wird meist über eine Blutprobe schnell erfasst.
Bulimie: Folgen und Probleme am Magen
- und temperaturempfindlich.
Die “inneren” Folgen von Bulimie betreffen sämtliche Organe in verschiedenster Form. Diese Bulimie- Folgen sind natürlich nicht äußerlich sofort zu sehen und machen sich erst nach längerer Zeit bemerkbar. So können zum Beispiel Fieber und starke Bauchschmerzen zu den Bulimie - Spätfolgen gehören, wenn sie im Rahmen einer Bauchspeicheldrüsenentzündung diagnostiziert werden. Hierbei erhöht sich auch der Herzschlag und was für “normale”, also nicht von Bulimie Betroffene, Anzeichen einer Erkältung oder Grippe sein könnte, ist bei Bulimie eine ernst zu nehmende Folge.
Folgen von Bulimie für Haut und Fruchtbarkeit
Für Frauen kann Bulimie in Unfruchtbarkeit und einer Menstruationsstörung münden. Die Menstruation bleibt bei Frauen mit Bulimie oft aus oder wird unregelmäßig. Das kann sich aber in den meisten Fällen “wieder einpegeln”. Die Abnahme der Fruchtbarkeit ist eine der daraus resultierenden Bulimie Folgen. Haut generell bzw. das Hautbild ist sehr offensichtlich und bei 10 bis 30% der Betroffenen von Bulimie wird die Haut sehr trocken. Außerdem bekommen sie brüchige Haare oder Haarausfall.
Für Frauen, die schwanger sind und Bulimie haben, bestehen besondere Risiken. Aufgrund der Mangelernährung der Mutter kann es zu Entwicklungsverzögerung oder Entwicklungsstörungen beim Kind kommen. Das Kind trägt von der Bulimie der Mutter eventuell sogar bleibende Schäden.
Bulimie Folgen: Verstand und Psyche
Die den Verstand betreffenden Folgen von Bulimie zeigen sich in veränderter Stimmung und Konzentrationsfähigkeit.
Bei ca. 50% der Betroffenen von Bulimie verändert sich die Gestalt bzw. die Form des Gehirns. Medizinisch wird das als “Pseudoatrophie” bezeichnet.
Man ist sich über die genauen Ursachen und Auswirkungen dieses Phänomens noch nicht klar.
Betroffene von Bulimie denken zudem oft anders, was zur Entstehung der Krankheit beiträgt und sie aufrecht erhält. Die häufigsten Denkmuster bei Bulimie sind:
- selektive Abstraktion (z.B.: “Ich bin nur etwas Besonderes, wenn ich dünn bin.”)
- Übergeneralisierung (z.B.: “Früher habe ich Fleisch gegessen, und es hat mich fett gemacht. Deshalb darf ich jetzt kein Fleisch mehr essen.")
- Übertreibung (z.B. "Wenn ich zwei Pfund zunehme, kann ich keine Shorts mehr anziehen.")
- Alles-oder-nichts-Denken (z.B. “Wenn ich einmal die Kontrolle über das Essen verliere, verliere ich sie für immer und werde fett.")
- Personalisierung (z.B. “Jemand lachte, während ich an ihm vorbeiging. Sicher hat er sich über meine dicke Figur lustig gemacht.")
- Magisches Denken (z.B. “Wenn ich ein Stück Schokolade esse, verwandelt es sich sofort in Fettpolster.")
Warum bin ich von Bulimie betroffen? – Ursachen
Wie auch bei anderen Essstörungen gibt es mehrere beteiligte Faktoren bei der Entstehung von Bulimie. Ursachen, die häufig diskutiert werden, sind:
Biologische Risikofaktoren:
- genetische Veranlagung,
- Serotoninmangel,
- Geringer Wert an Opioiden.
Psychosoziale Risikofaktoren:
- Prämorbide aversive Erfahrungen (z.B. Missbrauch),
- Familiäre Probleme (z.B. Vernachlässigung),
- Psychische Vulnerabilität (z.B. negative Selbstbewertung, Schüchternheit).
Störungsspezifische Risikofaktoren:
- Figur- und gewichtsbezogene Kritik,
- Familiäre (Ess-)Probleme,
- Adipositas in der Kindheit.
Endokrinologie: Welche Rolle Hormone bei Bulimie spielen
Bulimie bzw. Betroffene von Bulimie haben häufig bestimmte Persönlichkeitsmerkmale gemeinsam, was zu Bulimie beitragen kann (aber nicht muss):
- negatives Selbstbild
- extreme Schlankheit als Idealvorstellung
- hoher Leistungsanspruch
- geringes Selbstwertgefühl
- überzogene Erwartungen an sich selbst
- enorm selbstkritisch (“Ich bin nicht gut genug”)
- Versagensängste
Bei Bulimie können die Essanfälle als Ausgleich für bestehenden Leistungsdruck angesehen werden. Es entsteht sozusagen eine “Belohnung” bzw. ein Belohnungsgefühl durch das Essen hochkalorischer Nahrungsmittel, die sich sonst nicht erlaubt werden. Das für Bulimie typische selbstinduzierte Erbrechen hat nach einer Heißhungerattacke eine befreiende und entspannende Wirkung. Betroffene von Bulimie fühlen sich, als hätten sie sozusagen “die Kontrolle über die Situation” und vermeiden Unzufriedenheit, Anspannung und Gewichtszunahme. Das erklärt auch den Begriff der “Ess- Brech- Sucht” sehr anschaulich: die Sucht bei Bulimie ist nicht die nach Essen und Schlankheit, sondern liegt viel tiefer im Gefühl, das durch das Verhalten ausgelöst wird.
Bulimie vs. Anorexie: Verherrlichende Portale
Ausgehend von den USA kursiert im Internet und in sozialen Medien eine antipsychiatrische Bewegung, die sich “Pro-Ana” (pro Anorexia nervosa) und “Pro-Mia” (pro Bulimia nervosa) nennt.
Sie vertreten den (falschen!) Standpunkt, Magersucht sei ein Lebensstil und keine Erkrankung (somit nicht behandlungsbedürftig). Die Portale sind extrem gefährlich und oftmals nur “verschlossen” sichtbar, das heißt, dass Beitretende sich erst “beweisen” müssen. Solche Portale sollten gemeldet werden bzw. sind sehr jugendschutzrelevant!
Was passiert in diesen Portalen?
Frauen häufiger betroffen
An Bulimie erkranken im Verhältnis neunmal mehr Frauen als Männer. Dabei leiden ca. 1-2% aller Mädchen und Frauen zwischen 16 und 35 Jahren an einer Bulimia nervosa. Symptome sind anfangs noch nicht äußerlich erkennbar, deshalb liegt der Störungsbeginn bei Bulimie schätzungsweise zwischen 18 und 19 Jahren (und nicht früher). Das bedeutet, dass die Diagnose “Bulimie” dort das erste Mal gestellt wird, die Bulimie- Symptome aber schon länger vorliegen können.
Wie eine Bulimie anfängt
Bevor die für Bulimie typischen Essanfälle beginnen, gibt es meistens lange Phasen mit unterschiedlichen und lang anhaltenden Diäten. Ist eine Bulimie erst einmal diagnostiziert, verläuft sie meistens chronisch oder intermittierend. Das bedeutet, dass sie zum dauerhaften Begleiter der Betroffenen wird oder mit kurzen Abständen der scheinbaren Heilung erneut auftritt (intermittierend). In beiden Fällen besteht Bulimie meist über mehrere Jahre.
Bericht einer von Bulimie betroffenen Patientin (16 Jahre alt):
Ich bin in der Küche. Zuerst esse ich die Tomatensoße, damit ich später weiß, wann alles wieder draußen ist. Dann stopfe ich mir wahllos alles in den Mund. Die Reste von gestern, koche mir Nudeln, esse dabei die Packung Fleischsalat, löffle Marmelade und Nugatcreme, esse Cornflakes mit Milch, Babybrei – der kommt auch gut wieder raus. Eine Packung Eiscreme. Ich schlinge nur noch, stopfe alles in mich hinein. Meine Anspannung und der Druck vom Tag weichen allmählich. Nun bin ich ganz bei mir, spüre mich.
Mein Magen beginnt zu schmerzen, ich kann mich kaum noch bewegen. Das Zeug muss raus, sofort, sonst werde ich fett. Ganz automatisch steuere ich zur Toilette. Ich brauche nichts mehr in den Hals zu stecken. Ich stehe neben mir, sehe, was ich tue, wie alles wieder herauskommt. Es ist anstrengend. Die Tränen stehen mir in den Augen, mein Hals brennt. Ganz kurz fühle ich mich gut und erleichtert. Aber nur ganz kurz. Dann übermannen mich Ekel, Scham und Schuldgefühle.
Bulimie: Behandlung und Untersuchung
Körperliche Untersuchung
Um Bulimie festzustellen und somit behandeln zu können, ist eine körperliche Untersuchung von einem Arzt oder einer Ärztin notwendig. Hier wird versucht auszuschließen, dass körperliche Krankheiten oder Medikamente hinter den Bulimie-Symptomen stecken. Es kann zum Beispiel sein, dass bereits eingenommene Psychopharmaka Heißhungerattacken auslösen. Vorliegende psychische Erkrankungen, die auch häufig neben Bulimie auftreten, wie eine Depression, Zwangsstörung oder Borderline- Persönlichkeitsstörung, werden hier einbezogen. Zudem wird hier bereits untersucht, ob es Folgen von Bulimie gibt, wie Zahnprobleme, Entzündungen der Speiseröhrenschleimhaut oder Menstruationsstörungen.
Blutuntersuchung
Therapie und Ziele der Behandlung
Die Behandlungsziele der Bulimie können in kurz- und langfristig eingeteilt werden. Je nach Schweregrad der Bulimie Symptome und Beeinträchtigung durch Bulimie Folgen geht man wie folgt vor:
- kurzfristig: Veränderung des Essverhaltens
- körperliche Gesundheit wiederherstellen
- langfristig: Ursachen für das gestörte Essverhalten finden
- Normalisierung des Essverhaltens
Bei leichtem Schweregrad ist eine Bulimie ohne stationären Krankenhausaufenthalt behandelbar, die Patient:innen können also ambulant in Therapie gehen. Bei schweren Verläufen der Bulimie muss die Ernährung auf Station kontrolliert werden, damit erst einmal zu einem gesunden Essverhalten zurückgefunden wird. Ein “gesundes” Essverhalten wird nach der Bulimie durch folgende Punkte erreicht:
- Nicht zu viel und ohne Erbrechen
Am Anfang der Behandlung wird ein “Essensplan” erstellt, der eingehalten werden muss. Regelmäßige Mahlzeiten sollen in normalem Umfang und ohne anschließendes Erbrechen dreimal am Tag eingenommen werden.
- Angst vor Kalorien nehmen
Kalorienreiche Lebensmittel, die bei der Bulimie außerhalb der Ess-Brech- Attacken vermieden wurden, sollen nun in gemäßigtem Umfang zu sich genommen werden. Der normale Umgang soll so erlernt werden.
- Normalisierter Hunger
Wenn bei Bulimie lange Hunger- oder Fastenzeiten und Diäten gehalten wurden, wird dem in der Therapie durch regelmäßige und abwechslungsreiche Ernährung gegengesteuert. Die Mangelernährung wird schrittweise ausgeglichen und dadurch soll auch der Drang geringer werden, sich große hochkalorische Nahrungsmengen einzuverleiben.
Die wirksamste Behandlung der Bulimie Symptome ist die kognitive Verhaltenstherapie. Diese sollte unbedingt durchgeführt werden. Eine Ergänzung mit Medikamenten kann hilfreich sein.
- Realistisches Körperbild
Die Körperschemastörung ist essenzieller und aufrechterhaltender Faktor der Bulimie und muss daher durch eine realistische Einschätzung des Körpers ersetzt werden. Das Hinterfragen gesellschaftlicher Ideale und Schönheitsbilder kann hier dazugehören.
- Auslöser suchen
Um langfristig gegen die Ess-Brech-Sucht besser “vorbereitet” bzw. eingestellt zu sein, werden Auslöser und Gründe in den entsprechenden Situationen ermittelt. Welche Situationen rufen das Erbrechen hervor? Wann treten Heißhungerattacken auf? Ein Ernährungstagebuch oder ein Protokoll, das von Bulimie Betroffenen geführt wird, kann hier hilfreich sein.
- Konfrontationstherapie
In der Bulimie-Therapie wird neben der Aufschlüsselung der Denkmuster auch viel mit Exposition, also einer Konfrontation gearbeitet. Das soll Ängste abbauen und neue Gewöhnungseffekte hervorbringen. Zum Beispiel können Patient:innen dazu ermutigt werden, Lebensmittel zu sich zu nehmen, die sie sonst ängstigen oder Erbrechen auslösen würden. Diese therapeutisch begleitete Auseinandersetzung steigert das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl bei Bulimie.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) gibt folgende Einblicke zum Thema Zukunft bei Bulimie: “Sie nehmen innerhalb kurzer Zeit große Nahrungsmengen zu sich und haben das Gefühl, die Kontrolle über ihr Essverhalten zu verlieren. Der englische Begriff „binge eating“ steht für exzessives, übermäßiges Essen. Das englische Wort „binge“ bedeutet so viel wie „Gelage“. (...) Trotz einer erfolgreichen Behandlung kann es zu Rückfällen kommen. Die Nachsorge ist daher bei der Behandlung der Binge-Eating-Störung wichtig.”
So funktioniert eine Bulimie-Therapie
Bulimie Ursachen und Theorien: Klassische Konditionierung
- Reagibilität)
Bulimie Ursachen und Theorien: Operante Konditionierung
Bei der kognitiven Verhaltenstherapie, die auch bei Selfapy angeboten wird, werden hauptsächlich die aufrechterhaltenden Faktoren behandelt. Das sind bei Bulimie die dysfunktionalen Gedanken, also die Muster, in denen gedacht wird, die die Krankheit ungünstigerweise aufrecht erhalten.
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Die Therapie erfolgt in 3 Phasen:
- Phase 1: Aufbau von gesundem Essverhalten (Psychoedukation; Ernährungsmanagement: schrittweise Erhöhung von Regelmäßigkeit und Nahrungsmenge unter Berücksichtigung der Ausgewogenheit; Einüben Essanfall inkompatibler Verhaltensweisen)
- Phase 2: kognitive Umstrukturierung zur Identifikation und Modifikation dysfunktionaler Gewichts- und Figurspezifischer Gedanken und Schemata; Erwerb neuer Fähigkeiten zur Bewältigung spezifischer Probleme
- Phase 3: Festigung der bisher gelernten Fertigkeiten und Übertragung in den Alltag; Rückfallprävention und –prophylaxe.
Eine Erweiterung der kognitiven Verhaltenstherapie bei Bulimie ist die sogenannte “Exposition mit Reaktionsverhinderung”. Hier wird vor allem das negative Körperbild bei Bulimie behandelt.
Die sogenannte “Spiegelexposition” ist sehr hilfreich, da Patient*innen sich mit ihrem eigenen körperlichen Erscheinungsbild auseinandersetzen und gleichzeitig einen Gewöhnungseffekt (Habituation) an körperbezogene Ängste gewinnen sollen.
Konfrontation mit dem eigenen Körper
„Wenn ich ein Kilo zunehme, sehe ich hässlich aus.“
Die kognitive Umstrukturierung bei Bulimie, also einfach gesagt, die Veränderung der gedanklichen Muster, wird dadurch erreicht, dass negative Überzeugungen identifiziert und aufgeschrieben werden. Pro und Contra Argumente für die Aussagen werden diskutiert und die Muster auf Plausibilität überprüft.
Bulimie-Hilfe: Was ist wirksam?
Die am besten belegte und wirksamste Bulimie-Therapie ist die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT), die auch Selfapy anbietet.
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Dazu kommt die Behandlung mit Medikamenten, also pharmakologische Therapie. Hier werden oft Antidepressiva für Bulimie genommen, da sie Essanfälle und das “Purging” Verhalten reduzieren, wenn auch nicht so substanziell wie die Psychotherapie. Deshalb sind Medikamente als alleinige Therapiemethode bei Bulimie auch nicht empfohlen. Betroffene von Bulimie zeigen jedoch stärkere Akzeptanz und brechen die Therapie seltener ab, wenn sie KVT und Fluoxetin in Kombination verschrieben bekommen. Therapien mit Antidepressiva werden häufiger abgebrochen.
Was ist Bulimie? Filme, Bücher und mehr
Filme über Bulimie & Essstörungen
- “To the Bone” (2017)
- “Aus Haut und Knochen” (2019)
- “Spencer” (2022)
- “Durchgeknallt” (1999)
- “Physical” - Serie (2021)
Bücher über Bulimie
- “Stalins Kühe” von Sofi Oksanen (Roman; Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2012; ISBN 9783462043747)
- "Ich bin müde, kraftlos und herzleer" von Renate Kunze (aus der Perspektive von Müttern geschrieben, 2009; ISBN: 978-3-407-22413-2)
- “Die Bulimie besiegen” von Ulrike Schmidt, Janet Treasure und June Alexander aus dem Jahr 2001; ISBN: 978-3-407-86409-3
- "Wir waren essgestört, traurig, einsam und leer - heute leben wir, wie es uns gefällt"- Junge Frauen erzählen ihre Geschichte; Herausgegeben von Monika Gerlinghoff und Herbert Backmund im Jahr 2019; ISBN: 978-3-407-86586-1
- “Essen will gelernt sein” von Monika Gerlinghoff, Herbert Backmund, Cordula Bittenbinder-Obermeier aus dem Jahr 2017; ISBN: 978-3-407-86489-5
Podcasts zum Thema Bulimie
- Stefanie Stahl spricht mit Sophia Thiel: Diagnose Essstörung
- WDR: Essstörungen - Wenn der Körper zum Feind wird (1LIVE Reportage)
- DW: Krankhafte Essstörungen: Magersucht und Bulimie
- Techniker Krankenkasse Podcast: Essstörungen: Magersucht, Bulimie und Binge Eating - mit Dr. Silke Naab
- “Notes to myself”- Podcast; sehr umfangreicher Erfahrungsbericht einer von Bulimie Betroffenen in mehreren Kapiteln
Mehr Informationen und nützliche Links zu “Bulimie”
- Techniker Krankenkasse: “Bulimie - heimliche Gewichtskontrolle”
- Universitätskrankenhaus Zürich: Bulimie- Ess-Brech-Sucht, Essstörung
- Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung über Bulimie
Quellenangaben
- Angepasstes Kodiersystem ICD-10 Version 2022: https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2022/block-f50-f59.htm
- Harrison, J.E., Weber, S., Jakob, R. et al. ICD-11: an international classification of diseases for the twenty-first century. BMC Med Inform Decis Mak 21, 206 (2021). https://doi.org/10.1186/s12911-021-01534-6
- https://de.wikipedia.org/wiki/Bulimie
- https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/psychische-krankheiten/bulimie-bulimia-nervosa-741333.html#:~:text=Verstecktes%2C%20heimliches%20Essen.,Gewicht%20k%C3%B6nnen%20ein%20Anzeichen%20sein
- https://www.hugendubel.de/de/buch_kartoniert/stefanie_sukal-magerwahn_2_0_wie_pro_ana_und_pro_mia_essstoerungen_glorifizieren-24203246-produkt-details.html?internal-rewrite=true
- https://www.netdoktor.de/krankheiten/bulimie/
- https://www.uniklinik-freiburg.de/fileadmin/mediapool/07_kliniken/psy_psykuj/pdf/lehre/script_med/Anorexie.pdf
- Laessle, Reinhold G.; Kim, Johann (2009): Anorexia Nervosa und Bulimia Nervosa. In: Schneider, S. & Margraf, J.: Lehrbuch der Verhaltenstherapie, 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg, S. 281–299.
- Legenbauer, T., Vocks, S. (2014). Manual der kognitiven Verhaltenstherapie bei Anorexie und Bulimie. 2. Aufl. Springer.
- Neues Kodiersystem ICD- 11: https://www.bfarm.de/DE/Kodiersysteme/Klassifikationen/ICD/ICD-11/_node.html
- Universität Duisburg Essen (2017). Gen für Anorexia nervosa nachgewiesen - Magersucht kann angeboren sein: https://www.uni-due.de/med/meldung.php?id=462 (Zugriff: 20.04.2022)