Zurück 08 Dec 2021 · 8 min lesezeit
von Michaela Asmuß

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Versagensangst ist die Angst, Fehler zu machen. Am Arbeitsplatz, in der Schule, im Studium oder in der Beziehung – in jedem Lebensbereich kann die Angst zu versagen auftreten. Wenn Versagensängste das normale Leben immer weiter einschränken, solltest du dir Hilfe suchen.

Ertappst du dich öfters bei dem Gedanken: „Ich habe Angst zu versagen“? Du bist nicht alleine damit. Viele Menschen haben Angst davor, Fehler zu machen. Doch warum haben wir Angst zu scheitern? Was ist so schlimm daran zu versagen? Schließlich gehört es zum Leben dazu, auch einmal Fehler zu machen. Denn nur aus Fehlern lernt man und kann sich weiterentwickeln. Versagensängste entwickeln sich erst im Laufe des Lebens. Kleinkinder kennen diese Angst vor Versagen noch nicht. Sonst würden sie nicht nach jedem gescheiterten Laufversuch sofort wieder aufstehen und weitermachen. Doch je älter wir werden, desto mehr ist uns unser Umfeld bewusst und sind wir abhängig von der Meinung anderer. So kann sich Versagensangst entwickeln.

Versagensangst: Symptome

Menschen mit einer stark ausgeprägten Angst vorm Versagen vermeiden, so gut es geht, Handlungen oder Situationen, in denen sie scheitern könnten. In extremen Fällen schränkt die Versagensangst das Leben massiv ein. Dabei kann die Angst vor dem Versagen in vielen unterschiedlichen Lebenssituationen auftreten, zum Beispiel:

  • in der Schule
  • während des Studiums
  • im Berufsleben
  • in Beziehungen
  • im Sexualleben
  • beim Sport

Die Symptome der Versagensangst äußern sich körperlich, psychisch und im Verhalten.

Körperliche Symptome:

  • Herzklopfen bis hin zum Herzrasen
  • Schweißausbrüche
  • Atemnot
  • Zittern
  • Übelkeit
  • Durchfall
  • Harndrang
  • Kopf- oder Bauchschmerzen
  • Appetitlosigkeit
  • Muskelverspannungen
  • Schlafprobleme
  • Schwindelattacken

Psychische Symptome:

  • Konzentrationsprobleme
  • Gefühl, „wie in Watte“ gepackt zu sein
  • Denkblockaden bis hin zum geistigen „Black Out“
  • Fluchtgedanken
  • Gedanken kreisen nur noch um die Angst zu versagen

Verhalten:

  • sozialer Rückzug
  • Vermeidungsverhalten
  • Dinge bis zuletzt aufschieben (Prokrastination)
  • Tagträumen

Betroffene erzählen häufig, dass sie sich wie gelähmt fühlen. Sie haben das Gefühl, nicht richtig durchatmen zu können. „Ich kann nicht klar denken“, ist eine weitere Aussage, die vor allem bei Leistungsangst geäußert wird. Doch auch generell kann das Gefühl, im Leben versagt zu haben auftreten.

Versagensangst: Depression

Die ständige Angst zu scheitern kann Depressionen auslösen: Die Spirale aus Angst, Vermeidung und Rückzug führt zu Selbstzweifeln und eventuell zu dem Glauben, dass du nicht gut genug bist. Umgekehrt kann eine Depression Versagensängste hervorrufen. Auch eine Soziale Phobie oder eine Generalisierte Angststörung können deiner Versagensangst zugrunde liegen. Daher ist es wichtig, dass du dir professionelle Hilfe suchst, wenn du unter starker Versagensangst leidest.

Leistungsangst

Leistungsangst ist eine typische Form der Versagensangst. Diese Angst vor dem Scheitern bezieht sich auf alle Situationen, in denen eine bestimmte Leistung gefordert oder abgefragt wird. Das können Prüfungen und Hausarbeiten sein, aber auch Arbeitsaufträge, Vorträge, öffentliche Auftritte oder das Erledigen bestimmter Projekte. Leistungsangst kann sich schon bei Grundschüler*innen manifestieren. Expert*innen sprechen hier auch häufig von Prüfungsangst. Sie ist also eine besondere Form der Angst zu versagen. Betroffene Kinder sind schon lange vor einer Prüfung aufgeregt und machen sich große Sorgen, dass sie nicht bestehen. Diese Sorge kann begründet sein, weil zum Beispiel der Lernstoff nicht verstanden wurde, häufig ist sie aber unbegründet und entspringt nur der Fantasie des Kindes.

Leidest du unter Versagensangst im Beruf, zeigt sich das in der großen Angst vor Fehlern. Du versuchst vielleicht, dich immer unauffällig im Hintergrund zu halten, wenn Aufgaben verteilt werden. Oder du delegierst alles, von dem du annimmst, dass du es nicht schaffen könntest. Die Angst zu versagen kann so weit gehen, dass du dich immer häufiger krank meldest oder im schlimmsten Fall sogar kündigst.

Versagensangst: Beziehung

as Gefühl, versagt zu haben, zeigt sich auch in Beziehungen. Du glaubst dann vielleicht, unzulänglich zu sein, kein guter Elternteil zu sein und bei der Erziehung der Kinder versagt zu haben oder allgemein kein*e gute*r Partner*in zu sein. Diese Angst, im Leben zu versagen, zeigt sich bei allen Geschlechtern gleichermaßen. Doch bei Männern kommt eine besondere Form häufig hinzu: sexuelle Versagensangst – Mann fühlt sich unzulänglich im Bett. Der Leistungsdruck und die damit verbundene Angst zu versagen steigt, bis es im Bett tatsächlich nicht mehr klappt.

Angst, Fehler zu machen: Ursachen

Die Angst, Fehler zu machen, kann verschiedene Ursachen haben. So können Versagensängste schon in der Kindheit entstehen, wenn Eltern oder Lehrer viel Wert auf gute Noten legen oder sehr hohe Anforderungen stellen. Auch wenn Anerkennung und Liebe an schulische Leistungen geknüpft sind, entwickelt sich Versagensangst. Im Studium oder Beruf kann ein zu hoher Leistungsdruck das Gleiche auslösen. Schnell entsteht das Gefühl, nicht mehr mithalten zu können. Die Angst, Fehler zu machen (Phobie vor Fehlern), führt entweder zu Vermeidungsverhalten oder zum genauen Gegenteil: Perfektionismus. Versagensangst äußert sich dann in dem Versuch, alles perfekt zu machen. Doch Vermeidung wie auch Perfektionismus sind auf lange Sicht nicht gut für deine Psyche. Gehst du allen Situationen aus dem Weg, verstärkt sich die Angst zu versagen. Phobie vor schwierigen Situationen führt in eine Angstspirale und du ziehst dich immer weiter zurück. Und wer immer perfekt sein will, nie seinen Ansprüchen und den (gefühlten) Ansprüchen der anderen genügt, der brennt irgendwann aus.

Versagensangst: Psychologie

Psycholog*innen sehen in Versagensangst zwei wesentliche Denkmuster: "Aufgeregtheit" (emotionality) und "Besorgtheit" (worry). Aufgeregtheit tritt häufig kurz vor der als bedrohlich erlebten Situation auf. Diese Aufgeregtheit resultiert aus den körperlichen Angstsymptomen, die wir wahrnehmen, zum Beispiel Herzklopfen, Schweißausbruch, Zittern. Je stärker du die körperlichen Anzeichen wahrnimmst, desto stärker wird die Angst. Versagen ist vorprogrammiert. Die Besorgtheit bezieht sich auf das verstärkte Wahrnehmen deiner persönlichen Gedanken und Empfindungen. Du fokussierst dann nur noch auf deine Körpersignale und die daraus resultierenden ängstlichen Gedanken und Gefühle. Die Folge: Du kannst dich nicht mehr auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren. Besorgtheit und Aufgeregtheit hängen zusammen: Mit der Besorgtheit steigt auch der Grad der Aufgeregtheit. Beide wirken sich negativ auf die Leistung aus.

Versagensängste überwinden

Du fragst dich nun vermutlich: „Was tun bei Versagensangst?“ Die gute Nachricht: Du kannst deine Versagensangst überwinden. Es gibt verschiedenen Strategien, mit denen du Herausforderungen begegnen und besser mit Aufregung umgehen kannst. Hast du dir die Angst einmal bewusst gemacht, kannst du sie positiv nutzen. Dein Körper wird in Reaktionsbereitschaft versetzt, du bist aufmerksamer. So kann ein gewisses Maß an Angst hilfreich sein, um Aufgaben zu bewältigen. Dieses Maß gilt es zu finden.

Was tun bei Versagensängsten?

Die Angst zu versagen entsteht im Kopf. Daher musst du hier ansetzen, um deine Versagensängste überwinden zu können. 

Wir haben sechs Tipps für dich zusammengestellt:

  • Neu bewerten

Mach dir bewusst: Das ganze Leben ist geprägt vom Lernen. Hinfallen und wieder Aufstehen sind an der Tagesordnung und wichtig für deinen Lernprozess. Nur durch Fehler, also das Scheitern, können wir überhaupt lernen. Und mach dir klar: Die Versagensängste entstehen nur in deinem Kopf. Meistens sind sie vollkommen unberechtigt und entsprechen nicht der Realität. Außer, du gibst ihnen zu viel Raum.

  • Gedanken entschärfen

Wenn du schon wieder denkst, „Ich schaffe das nicht“, mache dir bewusst: Es ist nur ein Gedanke. Tritt einen Schritt zurück: „Ich bemerke, dass ich den Gedanken habe, dass ich es nicht schaffe.“ Diese Außensicht zeigt dir: Es ist nur ein Gedanke, er kann dir nichts anhaben. Nur deine Handlung zählt.

  • Gedanken-Stopp

Sobald du merkst, dass deine Gedanken anfangen zu kreisen und du nur noch ans Scheitern denkst, sage laut und deutlich (oder in Gedanken): STOPP!

  • Imagination 

Mal dir bewusst aus, was passiert, wenn du diese Situation meisterst. Wie fühlst du dich? Wie reagieren deine Mitmenschen? Lege den Fokus auf die positiven Aspekte und kehre zum Gedanken-Stopp zurück, sobald du wieder in eine Negativ-Spirale abtauchst. Imagination kannst du auch in umgekehrter Richtung nutzen: Versetze dich in eine beängstigende Situation. Male dir jedes Detail genau aus, spüre die Ängste, die bei dir entstehen. Bei regelmäßiger Anwendung tritt ein Gewöhnungseffekt ein und deine Angst nimmt ab.

  • Anker setzen

Ein „Anker“ versetzt dich in eine positive Stimmung. Das kann eine Geste, ein Geräusch, ein Geruch oder ein bestimmtes Ritual sein, mit dem gute Gefühle und positive Emotionen verknüpft, also „verankert“ sind. Du kannst einen Anker bewusst setzen, indem du einen bestimmten Gegenstand in die Hand nimmst oder eine bestimmte Geste machst, auch ein Duft kann ein Anker sein. Egal, was du wählst, denke dabei an vergangene schöne Ereignisse und Situationen. Mit jeder Wiederholung lädst du deinen Anker auf und kannst ihn bei Stress und Angst abrufen, um deine Emotionen zu regulieren. 

  • Entspannung

Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Achtsamkeit oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobson können helfen, die körperlichen Symptome der Versagensangst im Schach zu halten und die Gedanken auf das eigentliche Ziel zu fokussieren. Wichtig: Wende diese Techniken regelmäßig in entspannten Situationen an. Dann kannst du sie auch unter Druck abrufen.

Mit Fehlern umgehen: Psychologie kann helfen

Vor allem bei sehr starken Versagensängsten ist es schwer, diese allein zu bewältigen. Hier hilft dir eine Kognitive Verhaltenstherapie. Mit professioneller Hilfe fängst du an, deiner Versagensangst auf den Grund zu gehen. Du lernst, irrationale Gedanken zu identifizieren und zu ändern. Auch Übungen zu Selbstbild und Selbstwahrnehmung gehören dazu. Dein*e Therapeut*in führt dich behutsam an die Angst auslösenden Situationen heran und zeigt dir, wie du diese Herausforderungen überwinden kannst.

Selbsttest Versagensangst

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Ein Artikel von

Michaela Asmuß Psychologin

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Quellenangaben

  1. Büch, H., Döpfner, M., Petermann, U. (2015). Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie. Band 20: Soziale Ängste und Leistungsängste. Hogrefe.
  2. daz Zeitschrift der Deutschen Angstselbsthilfe (2017, Januar). Wenn Angst zum Problem wird. DASH Deutsche Angstselbsthilfe. Sonderausgabe. https://www.angstselbsthilfe.de/wp-content/uploads/2017/05/daz_Sonderheft_2017_final_web_Doppelseiten.pdf
  3. DIA Deutsches Institut für Angstüberwindung (o. D.). Behandlung gegen Versagensangst. https://deutschesinstitutfuerangstueberwindung.de/•versagensangst
  4. Dorsch – Lexikon der Psychologie (o. D.). Leistungsangst. www.dorsch.hogrefe.com. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/leistungsangst
  5. Neurologen und Psychiater im Netz (o. D.). Ursachen, Anzeichen und Behandlungsmöglichkeiten bei Schulangst. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/kinder-jugendpsychiatrie-psychosomatik-und-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/schulvermeidung-schulangst-schulphobie-schuleschwaenzen/schulangst/
  6. Oberberg Kliniken (o. D.). Blog Krankheitsbilder Zwangsstörungen: Perfektionismus https://www.oberbergkliniken.de/artikel/perfektionismus
  7. PAL Verlag (o. D.). Angst zu versagen 3: Ursachen. https://www.palverlag.de/angst-zu-versagen-ursachen.html
  8. PAL Verlag (o. D.). Angst zu versagen 4: Therapie. https://www.palverlag.de/angst-zu-versagen-behandlung.html
  9. PAL Verlag (o. D.). Gedankliche Strategien zur Überwindung von Prüfungsangst. https://www.palverlag.de/pruefungsangst-kapitel7.html
  10. PAL Verlag (o. D.). Psychotest: Angst zu versagen (Misserfolgsangst). https://www.palverlag.de/angst-zu-versagen-test.html
  11. Prelle, S. (2002). Diplomarbeit: Leistungsangst in der Schule. Ursachen und Interventionsmöglichkeiten durch Schulsozialarbeit. www.uni-hildesheim.de.https://hildok.bsz-bw.de/frontdoor/index/index/start/0/rows/10/sortfield/score/sortorder/desc/searchtype/simple/query/Silke+prelle/docId/143
  12. Sonnenmoser, M. (2005, Januar). Leistungsangst: Hohe Erwartungen an sich selbst. www.aerzteblatt.de. https://www.aerzteblatt.de/archiv/44981/Leistungsangst-Hohe-Erwartungen-an-sich-selbst
  13. Waschke, N. (o. D.). Leistungsangst Prävention – Präventionsprogramm der Universität Duisburg-Essen. www.leistungsangst-praevention.de. http://www.leistungsangst-praevention.de/informationen-zum-projekt/zur-leistungsangstpruefungsangst/

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