Zurück 02 Aug 2023 · 11 min lesezeit
von Felicitas Eva Lindner
Bipolare Störung

Alles im Leben ist ständig im Fluss und verändert sich. Ein Atemzug und die Welt ist nicht mehr dieselbe wie zuvor. Veränderungen passieren ständig. Der Anbruch einer neuen Jahreszeit, der Verlust einer lieben Person, plötzlich das Traumhaus gefunden oder der Abschluss des Studiums...Veränderung und Übergänge begleiten uns ständig und sind unausweichlich, die positiven wie die negativen. Nicht alle davon sind schön, oder gefallen uns zumindest nicht auf Anhieb. Doch warum machen sie uns oft so Angst?

Angst vor Veränderung: Ursachen?

Woher Angst vor Veränderung oder bei manchen auch eine regelrechte Angst vor dem Leben kommt, ist von Person zu Person ganz unterschiedlich. In der Regel ist es jedoch so, dass man vermeintlich negative Veränderungen mehr scheut als positive. Der Umzug in eine größere Wohnung, eine neue Liebe, ein besser bezahlter Job mit mehr Verantwortung - das sind alles Veränderungen, vor denen die meisten Menschen eher weniger Angst haben. Im Gegenteil. Häufig werden diese eher positiv bewertet. Doch was bei Angst vor Umzug in eine neue Stadt, bei Angst vor einer Trennung oder Angst, im neuen Job keine gute Leistung bringen zu können? Nicht davon hängt es ab, ob wir Angst vor Neuem haben oder keine Angst vor Neuem. Vielmehr haben unsere bisher gemachten Erfahrungen im Leben einen Einfluss darauf, welchen Veränderungen wir eher skeptisch gegenüber stehen.

Angststörung

Der Grund hinter Angst vor neuen Situationen kann auch eine Angststörung sein. Bis zu einem gewissen Grad ist es ganz normal, sich hin und wieder Sorgen zu machen, vor allem wenn es einen Auslöser oder einen Grund dafür gibt. Bei Menschen, die unter einer Angststörung, so wie zum Beispiel der Generalisierten Angststörung leiden, ist das anders. Meist machen sie sich ohne von außen ersichtlichen Anlass und ununterbrochen Sorgen und Gedanken. Das kann mitunter sehr belastend werden und oftmals ist den Betroffenen ihre Erkrankung gar nicht bewusst.

Diese ständigen Sorgenschleifen können auch Angst vor Veränderung auslösen. Oftmals werden durch potenzielle Übergänge Gedanken ausgelöst, die sich von den Betroffenen nur schwer stoppen lassen und schließlich entsteht eine Gedankenspirale, die die Angst mitunter noch stärker werden lassen kann.

Leidest du unter einer Angststörung? Finde es heraus mit dem wissenschaftlichen Selbsttest bei Angststörungen von Selfapy. Beachte aber, dass der Test keine professionelle Diagnose ersetzt, sondern lediglich zur ersten Einschätzung dient.

Depression

Auch in Verbindung mit einer Depression kann Angst vor Veränderung häufiger auftreten. Das kann mehrere Gründe haben. Zum einen haben Menschen, die unter einer Depression leiden, häufig negative Gedanken, die Ängste auslösen und verstärken können. Was bei Menschen mit Depression die Angst vor Veränderung auch verschlimmern kann, ist der Glaube, dass ihnen die Kapazität, Veränderungen positiv zu bewältigen, fehlt. Es kann inmitten einer Depression sehr schwierig sein, sich vorzustellen, irgendwann wieder ein weniger belastetes und positiv ausgerichtetes Leben zu führen.

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Angst vor Veränderungen: Weitere Gründe

Auch besondere einschneidende Ereignisse, die zwangsläufig eine Veränderung mit sich bringen, können die Angst davor auslösen und verstärken. So zum Beispiel ein Umzug, Schwangerschaft, die Trennung von einer geliebten Person.

Zudem können folgende Gründe Angst vor Veränderung hervorrufen:

  • Zu wenig Selbstvertrauen: Hinter der Angst vor Veränderungen im Leben kann auch mangelndes Selbstbewusstsein stecken. Die betroffenen Personen haben in diesem Fall keine Angst vor der Veränderung selbst, sondern davor nicht angemessen auf sie reagieren zu können. Eine solche Situation wird daher bewusst vermieden.
  • Schlechte Erfahrungen: Wer in einer Situation, die mit Veränderungen einherging, schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht hat die mit negativen Emotionen verknüpft sind, hat auch in der Zukunft größere Schwierigkeiten gut mit Veränderungen umzugehen. Es wird versucht zu vermeiden, eine ähnliche Situation nochmal zu erleben.
  • Angst vor Kontrollverlust: Tritt eine neue Situation oder eine Veränderung ein, weiß man nie so genau was sie alles mit sich bringt. Vielleicht sind manche Dinge anders als erwartet, vielleicht kann man sie nicht kontrollieren. Dieser Gedanke, keine Kontrolle zu haben, macht vielen Leuten Angst.
  • Aufgrund der Dynamik in einer Partnerschaft oder der Kinder: Wenn in einer Partnerschaft der Wunsch nach einer Trennung besteht, kann das alleine schon Ängste auslösen. Gibt es zusätzlich eine schwierige Dynamik zwischen den Partner*innen oder Kinder, kann die neue Situation zusätzlich angstauslösend sein.
  • Prüfungsangst: Auch Prüfungen, die Angst davor, sie nicht zu bestehen oder die Angst vor dem, was nach einer nicht bestandenen Prüfung folgt, kann Angst vor Veränderungen auslösen. Diese Situationen sind zusätzlich oft mit viel Druck und Stress verbunden.
  • Sicherheitsbedürfnis: Viele Menschen haben ein sehr starkes Sicherheitsbedürfnis. Da Veränderungen auch immer Unerwartetes mit sich bringen können, fällt diesen Personen ein positiver Umgang mit Veränderung schwer. 
  • Bequemlichkeit: Es kann auch vorkommen, dass Menschen einfach sehr bequem sind und nicht die Motivation oder den Drang haben, ihre Situation zu verändern. Sind sie zufrieden damit, ist das auch gar kein Problem und kann sehr positiv sein. Wenn dahinter jedoch Antriebslosigkeit und Unzufriedenheit stecken, kann dahinter eine psychische Erkrankung stecken. Vielleicht haben betroffene Personen auch Angst, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, da sie befürchten eine Diagnose zu bekommen und zum Beispiel Angst vor einer Depression haben.

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  • Methatesiophobie: In ganz seltenen Fällen kann es auch vorkommen, dass Menschen Angst vor Erfolg haben. Sie leiden unter der sogenannten Methatesiophobie. Betroffene Personen haben demnach insbesondere mit Veränderungen zu kämpfen, die erfolgsverschaffend für sie sein können.

Symptome von Angst vor Veränderung

Probleme mit Veränderungen können sich auf ganz unterschiedliche Arten zeigen. Aufgrund der permanenten negativen Gefühle und Ängste manifestieren sich diese Ängste irgendwann auch auf körperlicher Ebene. Körperliche Symptome können zum Beispiel sein:

  • Kopfschmerzen
  • Verspannungen im Rücken
  • Bauchschmerzen und Magen-Darm-Probleme
  • Druck auf der Brust
  • Fremdkörpergefühl im Hals

Viele psychischen Herausforderungen können sich körperlich zeigen. Vielleicht hast du einen bestimmten Bereich in deinem Körper, in denen sich diese häufiger zeigen als in anderen. Du kennst deinen Körper am besten und kannst vielleicht schon merken, wenn sich ein bestimmtes Problem in deinem Körper manifestiert.

Diese körperlichen Auswirkungen können mitunter sehr belastend sein. Oftmals geht so die Energie verloren, den eigenen Ängsten und Herausforderungen mit positiver Energie und Stärke zu begegnen.

Angst vor Veränderung: Test

Du erkennst dich in einigen Punkten wieder? Dann kannst du einen Selbsttest zum Thema Angst vor Veränderungen im Leben machen, um herauszufinden, ob du eine irrationale Angst vor allem Neuem hast. Online findest du eine Auswahl an Tests. Beachte hier jedoch, dass diese nicht unbedingt aus seriösen Quellen stammen und für eine fundierte Aussage eine professionelle Einschätzung notwendig ist.

Angst vor Entscheidungen: Krankheit

Mit der Angst vor Veränderung geht auch oft die Angst vor Entscheidungen einher. Menschen, die Angst vor Veränderungen im Leben haben, haben aufgrund dessen auch oft Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen, die sich massiv auf ihr Leben auswirken könnten. Im Fachbegriff spricht man hier von Decidophobie. Betroffene treffen nur sehr selten Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Viel eher wägen sie lange das Für und Wider ab, entscheiden sich zuerst für eine Alternative und dann wieder für eine andere. Langfristig kann sich diese Unentschlossenheit negativ auf das eigene Leben, auf beruflichen Erfolg und glückliche zwischenmenschliche Beziehungen auswirken.

Personen, die Angst vor Veränderungen haben, fällt es demnach auch schwer Entscheidungen zu treffen, die sich sehr stark auf ihr Leben auswirken. Hier spielt das Abwägen jedoch eine geringere Rolle. Die Angst vor Veränderung führt eher zu einem Vermeidungsverhalten und dazu, dass Situationen umgangen werden, in denen überhaupt eine Entscheidung getroffen werden muss.

Veränderungskurve: Die fünf typischen Phasen

Der Prozess der Veränderung kann in Phasen eingeteilt werden, die er bei betroffenen Personen auslöst. Man unterscheidet hier jedoch nochmal zwischen Veränderungen, die so gewollt sind und Veränderungen, die unfreiwillig eingetreten sind. Im letzten Fall treten oftmals die folgenden fünf Phasen ein:

  1. Verneinung: Die Veränderung wird negiert, heruntergespielt und im schlimmsten Fall sogar ignoriert. Die Notwendigkeit der Veränderung wird nicht gesehen und Betroffene versuchen zunächst, wie bisher weiterzumachen. 
  2. Widerstand: Betroffene Personen reagieren mit Versuchen, die Veränderung aufzuhalten oder rückgängig zu machen.
  3. Krise: Wenn verstanden wird, dass die Veränderung eingetreten und nicht umkehrbar ist, folgt oft eine Phase der Krise für die betroffenen Personen. In dieser Phase ist die Angst vor der Veränderung besonders groß. Zudem wird die Situation massiv angezweifelt.
  4. Erkundung: Wenn die Krise langsam abklingt wird versucht, die neue Situation mit all ihren Möglichkeiten zu erkunden. Die Situation bessert sich für Betroffene langsam.
  5. Akzeptanz: Schließlich folgt die Phase der Akzeptanz, in der die Veränderung akzeptiert und im besten Fall sogar positiv angenommen wird. Die Angst vor der Veränderung wird weniger oder verschwindet gänzlich.

Warum ein positiver Umgang mit Veränderung wichtig ist

Bei Unzufriedenheit oder Situationen, die sich so anfühlen als würde man in ihnen feststecken, ist Veränderung der einzige Weg, um die Situation zu verbessern und zu wachsen. Oftmals sind die hier notwendigen Veränderungen gar nicht so groß. Die richtig große Veränderung steht oftmals erst dann an, wenn man Veränderungen über einen längeren Zeitraum hinweg aus dem Weg geht. Doch es spricht viel dafür, lieber kleine Anpassungen und dafür frühere vorzunehmen, als eine sehr große wenn es gar nicht mehr anders geht.

  • Probleme lösen, bevor sie sich verschlimmern: Am Anfang ist es oft der leichteste Weg sowie der Weg des geringsten Widerstandes, einfach abzuwarten, ob sich ein Problem von selbst löst. Doch nur in den seltensten Fällen wird das wirklich eintreten. Probleme werden oft größer, je länger man sie ungelöst lässt, weshalb es gut ist, sie schon früh anzupacken. Zudem kann es sich sehr gut anfühlen, aktiv geworden zu sein und ein Schritt in die richtige Richtung, um die Angst vor Veränderung zu überwinden.
  • Optionen offenhalten kann nach hinten losgehen: Viele Personen neigen dazu, sich möglichst viele Optionen offen zu halten, ohne sich für eine davon entscheiden zu müssen, aus Angst davor, die falsche Entscheidung zu treffen. Doch in der Regel haben alle Optionen ein zeitliches Ablaufdatum und irgendwann ist es zu spät für alle Optionen. 
  • Verbesserung findet kontinuierlich statt: Verbesserung ist kein Prozess, der nur dann stattfindet wenn er wirklich notwendig ist, sondern er findet kontinuierlich und stetig statt. Es kann zu mehr Zufriedenheit und Erfolg führen, proaktiv zu handeln und nicht erst dann, wenn es nicht mehr anders geht.

Wie kann man mit Veränderung positiv umgehen?

Keine Angst vor Veränderung zu haben ist gar nicht so leicht. Vor allem für Menschen, die unter einer psychischen Belastung leiden, kann es schwierig sein, einen guten Umgang mit der Angst zu finden. Dennoch gibt es einige Tipps, die hilfreich sein können:

  • Ängste zulassen: Es ist ganz normal, dass Übergänge und Veränderungen zunächst einmal Angst auslösen können. Lass die Ängste zu, sprich darüber und versuch nicht, sie zu verdrängen.
  • Professionelle Hilfe: Wenn du merkst, dass du sowohl körperliche als auch mentale Symptome deiner Angst nicht mehr alleine bewältigen kannst, dann wende dich an Ärzt*innen oder Psychotherapeut*innen.
  • Besinnen auf Erfolge: Erinnere dich daran, welche schwierigen oder herausfordernden Lebenssituationen du schon positiv gemeistert hast, um dir selbst Mut zuzusprechen und deine Stärken und Ressourcen in den Vordergrund zu rücken.
  • Pro und Contra: Es kann hilfreich sein, Vor- und Nachteile von bevorstehenden Veränderungen zu verschriftlichen. So kannst du klarere Gedanken fassen und Vor- und Nachteile besser vergleichen.
  • Entspannung: Regelmäßige Entspannungstechniken können dabei helfen, einen besserem Umgang mit Ängsten zu finden.
  • Spring ins kalte Wasser: Sei mutig, trau dich, freu dich auf und über Veränderungen und nimm sie an. Einige Veränderungen kannst du ohnehin nicht aufhalten. Andere scheinen auf den ersten Blick negativ zu sein, eröffnen dir aber dann ganz neue Möglichkeiten. Sei offen und neugierig.

Im Grunde ist Angst vor Veränderung ganz natürlich und menschlich. Bis zu einem gewissen Grad empfinden wir diese Angst alle. Wenn du aber merkst, dass sie dein Leben, dein Wohlbefinden und dein Fortkommen aber stark einschränkt, ist es Zeit zu handeln. Vielleicht hilft dir auch der Gedanke, dass du nicht allein bist mit der Angst vor neuen Situationen. Zudem liegt in diesem fortwährenden Wandel auch ein sehr großen Potenzial sowie in gewisser Art und Weise auch eine Form von Beständigkeit. Wir alle haben das Potenzial, uns ständig neu zu erfinden, mit Veränderungen zu gehen, uns neu auf sie einzulassen und somit auch immer wieder aufs Neue die Möglichkeit, glücklich zu sein.

Es ist wichtig zu verstehen, dass eine ernsthafte psychische Erkrankung einer Therapie und professioneller Hilfe bedarf. Die Online-Kurse von Selfapy können ein erster Schritt in diese Richtung sein.

Ein Artikel von

Felicitas Eva Lindner Redakteurin · Journalismus M.A. | Psychologie B.Sc. | Psychologie M.Sc.

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Quellenangaben

  1. greator.com (2021). Angst vor Veränderung - Wie du sie überwindest und dich frei machst. Online verfügbar unter https://greator.com/angst-vor-veraenderung/  [23.03.22].
  2. Mai, Jochen (2021). Angst vor Veränderung: Gründe, Psychologie, Tipps und Zitate. Online verfügbar unter https://karrierebibel.de/angst-vor-veraenderung/  [23.03.22].
  3. Michalik, Sara (2014). Die Angst vor der Veränderung: Warum ist es so schwierig, etwas im Leben zu verändern? Online verfügbar unter https://zeitzuleben.de/die-angst-vor-der-veraenderung-warum-ist-es-schwierig-etwas-im-leben-zu-veraendern/  [27.10.21].
  4. Schulz, Cindy (2020). Angst vor Veränderung. Ursachen und was dagegen hilft. Online verfügbar unter https://praxistipps.focus.de/angst-vor-veraenderung-ursachen-und-was-dagegen-hilft_117789  [27.10.21].
  5. Sohr, Timo (2017). Neustart. Wenns dir nicht gefällt - mach neu. Online verfügbar unter https://www.stern.de/neon/feierabend/neustart--warum-haben-wir-angst-vor-veraenderungen--7440642.html  [27.10.21].
  6. Wolf, Doris (2021). Angst vor Veränderung. Online verfügbar unter https://www.palverlag.de/angst-vor-veraenderung.html [27.10.21].

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