Zurück 04 Sep 2023 · 8 min lesezeit
von Michaela Asmuß

Angststörung: Selbsthilfe im Notfall

Dein Herz klopft, dein Atem geht schneller, deine Gedanken fangen an zu kreisen und du suchst schon nach dem nächsten Rettungsweg. Wenn sich die Angst anschleicht, können diese Techniken dir helfen, die Angst zurückzudrängen.

Aushalten

Auch wenn es große Überwindung kostet: Es ist wichtig, dass du nicht vor der angstauslösenden Situation flüchtest. Halte die Situation und die damit verbundenen Gefühle aus. Je häufiger du dich deinen Ängsten stellst, desto eher nehmen sie ab. Vor allem, wenn du unter einer Generalisierten Angststörung leidest, solltest du keine Dinge aufschieben oder vermeiden, da sich das Verhalten dann auf immer mehr Lebensbereiche ausdehnt.

Atmung

Lenke deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem. Eine gleichmäßige und tiefe Atmung wirkt beruhigend auf den Körper und beugt der flachen Atmung vor, wie sie bei Hyperventilation durch Panik auftritt. Atme bewusst tief in den Bauch ein, zähle dabei langsam bis drei. Der Bauch wölbt sich vor, als Letztes füllen sich die Lungen. Lass die Luft nun wieder herausströmen, das sollte etwas länger dauern als die Einatmung. Zähle daher langsam bis vier. Unterstützend kannst du deine Hände auf den Bauch legen und spüren, wie sich die Bauchdecke hebt und senkt.

Ablenkung

Wenn die Angst kommt, lenke dich ab, indem du zum Beispiel eine Matheaufgabe löst, bestimmte Dinge in deiner Umgebung zählst oder ein Gedicht aufsagst. Beschäftige deinen Kopf mit einer kniffligen Aufgabe, dann hat er keine Zeit, an die Angst zu denken. Bleibe aber in der Situation.

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Stoppsignal

Sprich mit deiner Angst. Sag ihr, dass sie jetzt nicht willkommen ist. Will sie nicht hören, setze den Angstgedanken ein energisches „Stopp“ entgegen. Das kann laut oder in Gedanken geschehen. Du kannst auch eine imaginäre „Stopp“-Taste drücken.

Die Angst annehmen

Ein wichtiger Schritt hin zu einem selbstbestimmten Leben ist, deine Angst anzuerkennen. Mach dir bewusst, dass deine körperlichen Reaktionen wie Herzrasen oder Schwindel ein Teil deiner Angst sind. Vermeidungsverhalten bringt dich nicht weiter. Je mehr du Situationen meidest, in denen du Angst hast, desto größer wird deine Angststörung. Selbsthilfe bedeutet daher auch: sich seiner Angst zu stellen und sie anzunehmen. Denn je mehr du über deine Angst weißt, desto rationaler kannst du damit umgehen.

Angststörung: Selbsthilfe zur Vorbeugung

Verschiedene Maßnahmen können dir helfen, Ängste langfristig in Schach zu halten oder mit ihnen besser umzugehen.

Entspannung

Ängste sind oft mit einer starken körperlichen Anspannung verbunden. Vor allem bei einer Generalisierten Angststörung fühlen sich Betroffene ständig nervös und angespannt. Entspannungstechniken können dir langfristig helfen, Anspannungen zu lösen und deine Ängste zu reduzieren.

Bei Angststörungen hat sich vor allem die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen bewährt, sie ist daher oft Teil verhaltenstherapeutischer Maßnahmen.

Aber auch Autogenes Training, Meditation oder Gedankenreisen können dir helfen, wenn du sie unter Anleitung erlernst und regelmäßig anwendest.

Bewegung

Sport wird als Therapie vor allem bei Panik und Agoraphobie empfohlen. Sportliche Aktivität führt zu einem besseren Körpergefühl. So lernst du, was dein Körper alles leisten kann und nimmst einen erhöhten Pulsschlag oder eine schnellere Atmung nicht mehr als Bedrohung wahr. Sport kann darüber hinaus eine antidepressive Wirkung haben.

Reden

Das Gespräch mit anderen Menschen ist eine sehr wirkungsvolle Maßnahme der Selbsthilfe. Vertrau dich Familienmitgliedern, Partner*in oder oder Freund*in an. Wenn du dich noch nicht traust mit bekannten Menschen zu sprechen, hilft ein anonymer Anruf bei der Telefonseelsorge oder das Gespräch mit einem Therapeuten bzw. einer Therapeutin vielleicht auch.

So erreichst du die Telefonseelsorge

Telefon: 0800 1110111 oder 0800 1110222 oder 116 123 (alle kostenfrei)
Per Mail oder Chat unter: www.online-telefonseelsorge.de

Selbsthilfegruppen

Eine weitere Möglichkeit, über deine Ängste zu sprechen, findest du bei Selbsthilfegruppen. Egal ob Panikstörung oder Generalisierte Angststörung. Selbsthilfe in der Gruppe ermöglicht dir, dich mit Menschen auszutauschen, die das Gleiche erleben wie du und dich verstehen. Ihr könnt Erfahrungen austauschen und du findest Rat und praktische Hilfe. Im Gespräch mit anderen kannst du deine Ängste formulieren und gemeinsam könnt ihr nach Lösungen suchen. Selbsthilfegruppen in der Nähe findest du hier:

  • Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker: www.bapk.de 
  • Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS): www.nakos.de 
  • Verbände der freien Wohlfahrtspflege, zum Beispiel bei der Caritas, dem Deutschen Roten Kreuz oder der Diakonie. 
  • Gesundheitsämter, Sozialämter, Pfarramt 
  • Krankenkasse oder Familienberatungsstelle

Generalisierte Angststörung: Selbsthilfe

Wer unter einer Generalisierten Angststörung leidet, macht sich permanent Sorgen. Um die Zukunft, um mögliche bevorstehende Katastrophen, um die eigene Gesundheit oder um geliebte Personen. Diese Sorge geht so weit, dass Dinge vermieden oder aufgeschoben werden und mehrmals täglich Kontrollanrufe bei Familienangehörigen oder Freund*innen stattfinden. Das ist typisch für eine Generalisierte Angststörung. Selbsthilfe bedeutet, dass du Dinge weder vermeidest noch aufschiebst. Das alles nährt die Angst nur immer weiter. Wenn du dich permanent um Angehörige sorgst, versuche, dich zurückzunehmen. Beschränke dich anfangs nur noch auf einen Anruf am Tag und dehne die Zeit zwischen den Anrufen immer weiter aus.

Angststörung: Selbsthilfe mit Naturheilkunde

Naturheilkundliche Mittel ersetzen keine Behandlung. Denn ihre Wirkung ist sehr gering oder gar nicht erwiesen. Falls du eine Therapie machst oder Medikamente einnimmst, sprich auf jeden Fall vorher mit deinem Arzt. Denn vor allem pflanzliche Mittel können Nebenwirkungen haben oder Wechselwirkungen mit Medikamenten aufweisen.

Pflanzliche Mittel

Baldrian und Melisse wirken in einem gewissen Maße angstlösend und beruhigend. Auch Passionsblume und Lavendel beruhigen und unterstützen einen ruhigen Schlaf. Diese Wirkstoffe können eine Angststörung jedoch nicht beseitigen und sind nicht stark genug, um dir deine Ängste zu nehmen. Wenn es dir hilft, kannst du sie aber unterstützend einsetzen. Pflanzliche Mittel gibt es in der Apotheke als Tees, Tropfen oder in Kapselform. Sprich vor der Einnahme auf jeden Fall mit deinem*deiner Therapeut*in.

Homöopathie, Bachblüten, Schüssler-Salze

Für alternative Heilmethoden wie Homöopathie, Bachblüten oder Schüssler Salze gibt es keinen Nachweis, dass sie bei einer Angststörung helfen. Wenn du sie trotzdem ausprobieren möchtest, solltest du dir von einem ausgebildeten Heilpraktiker deine individuellen Mittel erstellen lassen. Sprich vor der Anwendung bitte mit deinem*deiner Therapeut*in.

Angststörung: Selbsthilfe durch die Natur

Studien haben gezeigt, dass ein Spaziergang im Wald mehr Stresshormone abbaut als ein Spaziergang in der Stadt. Der Anblick von Grün entspannt. Die Ruhe in der Natur und der Kontakt zu Tieren können dich erden und gegebenenfalls langfristig deine Ängste mindern. Ein Versuch lohnt sich.

Waldbaden

Das „Waldbaden“ stammt aus Japan und heißt dort „Shirin-yoku“. Gemeint ist damit ein Waldspaziergang erweitert um die Komponente der Achtsamkeit. Beim Waldbaden gehst du langsam und konzentrierst dich ganz auf die Geräusche und Düfte des Waldes. Du kannst eine Hängematte anbringen oder das Ganze mit einer Meditation, Yoga oder einer Baumumarmung verbinden.

Tiergestützte Therapie

Der Kontakt zu Tieren kann helfen, Nervosität und Anspannung abzubauen. Schon der Anblick und einige Minuten Streicheln von Hund, Katze und Co. reichen aus, um das Level deiner Stresshormone zu senken.

Zudem nehmen Tiere dich so an, wie du bist. Sie urteilen nicht und sind dadurch gute Zuhörer.

Tiergestützte Therapie gibt es inzwischen mit vielen Tierarten, zum Beispiel mit Hunden, Pferden, Lamas, Eseln oder Schafen.

Angststörung: Selbsthilfe durch Ernährung

Angstzustände können in einzelnen Fällen durch Nahrungs- und Genussmittel wie Alkohol oder Nikotin ausgelöst werden. Auch Kaffee, Tee, Cola und Energy Drinks können sich negativ auf deine Ängste auswirken. Im Gegenzug gibt es Nährstoffe, Mineralien und Spurenelemente, die dem Körper bei Ängsten unbedingt in einem ausreichenden Maße zur Verfügung stehen sollten. Teilweise gibt es Hinweise darauf, dass sie einen positiven Einfluss auf Ängste haben könnten. Dazu gehören unter anderem:

  • Magnesium
  • Zink
  • Omega-3-Fettsäuren
  • B-Vitamine
  • Vitamine C und E
  • Antioxidantien

Auch probiotische Lebensmittel wie Sauerkraut und Kefir sollen Angst-Symptome ein wenig lindern.

Diese Nahrungsmitteln sollten bei Ängsten auf einen Speiseplan gehören

Magnesium: Spinat, Hülsenfrüchte, Nüsse, Spargel, Vollkornprodukte
Vitamin C&E: frisches Obst und Gemüse, Beeren
Zink: Austern, Cashewnüsse, Rindfleisch, Eigelb
B-Vitamine: Avocados, Mandeln
Omega-3-Fettsäuren: Lachs, Hering, Leinöl, Leinsamen, Nüsse
Antioxidantien: Artischocke, Brokkoli, Walnüsse, Beeren, Bohnen, Äpfel

Angststörung: Selbsthilfe mit Online-Therapie

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Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) wurden mit dem Digitale-Versorgungs-Gesetz auf den Weg gebracht. Sie können dir helfen, deine Angststörung in den Griff zu bekommen. DiGA gibt es zum Beispiel für Depressionen, Panikstörungen und Generalisierte Angststörungen. Selbsthilfe mit den digitalen Therapieprogrammen ist als Rückfallprophylaxe ebenso geeignet wie zur Überbrückung der Wartezeit auf einen Therapieplatz.

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Ein Artikel von

Michaela Asmuß Psychologin

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Quellenangaben

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