Zurück 17 Mar 2022 · 9 min lesezeit
von Michaela Asmuß

Um die Magersucht zu überwinden und wieder gesund zu werden, ist eine ausreichende und ausgewogene Ernährung von zentraler Bedeutung. Damit du wieder ein gesundes Verhältnis zum Essen findest, kann dir vor allem in der Anfangsphase deiner Magersucht-Recovery ein Ernährungsplan zur Gewichtszunahme helfen.

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Wie du dich am besten ernährst, um wieder zuzunehmen, und was noch für deine Magersucht-Recovery wichtig ist, erfährst du hier.

Magersucht-Recovery – was bedeutet das eigentlich genau? „Recovery“ kommt aus dem Englischen und heißt übersetzt so viel wie „Wiederherstellung“, „Heilung“, „Genesung“ oder „Erholung“. Magersucht-Recovery meint also, dass du deine Magersucht überwindest und deinen Körper und deine Seele heilst. Ein sehr wichtiger Schritt hin zu Recovery ist, wieder ein gesundes Verhältnis zum Essen zu finden. Dabei ist ein Magersucht-Recovery-Essensplan eine große Hilfe. Diesen Essensplan zum Zunehmen erstellst du am besten mit professioneller Hilfe von Ernährungstherapeut:innen, die sich mit der Krankheit Magersucht und den speziellen Bedürfnissen von Betroffenen auskennen.

Magersucht-Recovery

Der Heilungsprozess bei Magersucht verläuft nicht geradlinig. Psychotherapeut:innen beschreiben den Recovery-Prozess oftmals eher als einen Zick-Zack-Weg: Es gibt überwiegend Fortschritt, aber dazwischen auch kleine Rückschritte. Mal gibt es Phasen, in denen es stetig bergauf geht, mal geht es langsamer oder du hast vielleicht das Gefühl auf der Stelle zu treten oder einen Schritt zurückzugehen. Das ist ganz normal und gehört zum Genesungsprozess. Bei einem Rückfall denke immer daran: Du hast keinen Fehler gemacht, es ist der natürliche Krankheitsverlauf. So kannst du bestimmte Grundkonflikte vielleicht erst in einer späteren Phase der Heilung lösen. Nimm es als Anregung für weitere Veränderungen auf deinem Weg zu vollständiger Recovery. Magersucht ist hartnäckig, aber du kannst sie besiegen. Je früher du professionelle Hilfe in Anspruch nimmst, desto größer sind die Heilungschancen.

Magersucht-Recovery beinhaltet aber noch viel mehr als nur ein gesundes Essverhalten. Eine vollständige Heilung bedeutet:

  • auf deine Gefühle zu hören
  • auf deinen Körper zu hören
  • dich selbst zu akzeptieren
  • dich selbst zu lieben

Dabei können dir viele Menschen helfen: deine Familie, deine Freund:innen, deine Lehrer:innen und auch Psychotherapeut:innen, Ärzt:innen und Ernährungstherapeut:innen. Wichtig ist, dass du es wirklich willst und motiviert bist, die Magersucht hinter dir zu lassen.

Magersucht-Recovery: Zunahme nach Plan

Du fragst dich vielleicht: Wie wichtig ist es, bei der Magersucht-Recovery Kalorien zu zählen? Wie viel essen Magersüchtige pro Tag während der Recovery? Damit du mit diesen Fragen nicht allein bleibst, erhältst du von deinen Ernährungstherapeut:innen eine Essensplan fürs Zunehmen. Denn es ist gerade am Anfang wichtig, auf eine bestimmte Kalorienzahl am Tag zu kommen. Doch bedeutet, mit einem Ernährungsplan zuzunehmen, 3.000 Kilokalorien (kcal) am Tag essen zu müssen? Nein, du musst nicht gleich mit 3.000 Kalorien am Tag zunehmen. Die entscheidende Frage ist: Wie viele Kalorien essen Magersüchtige in der Recovery-Phase? Am besten wird die Kalorienzufuhr nur langsam gesteigert – beispielsweise in 200-kcal-Schritten. Im Idealfall nimmst du 500 bis 1.000 Gramm in der Woche zu. So wird der Stoffwechsel nicht überfordert und die Hürde wieder mehr Nahrung zu sich zu nehmen, ist nicht so hoch. Gerade am Anfang der Therapie ist es für viele Betroffene hilfreich, die erforderliche Kalorienzufuhr zu kennen und über den Tag zu verteilen. Doch nach und nach solltest du in der Ernährungstherapie langsam wegkommen vom ständigen Kalorienzählen, um am Ende ein unverkrampftes Verhältnis zum Essen aufbauen zu können.

Ernährungsplan Magersucht: Zunehmen und lernen

Ein Ernährungsplan für Magersüchtige legt genau fest, zu welchen Zeiten was gegessen wird und welche Getränke dazugehören. Das Essen wird auf drei Hauptmahlzeiten, davon eine warm, und zwei bis drei Zwischensnacks verteilt. Ziel ist der Aufbau einer geregelten Mahlzeitenstruktur durch den Essensplan. Magersucht ist dadurch gekennzeichnet, dass die Betroffenen tagsüber gar nichts oder nur sehr wenig essen, beziehungsweise ganze Mahlzeiten komplett ausfallen lassen. Daher kann es gerade zu Beginn der Therapie hilfreich sein, die Mahlzeiten gemeinsam mit anderen und begleitet von Ernährungstherapeut:innen einzunehmen. So wird dir die Entscheidung, zu essen oder lieber zu hungern, abgenommen und du kannst wieder lernen, was angemessene Portionsgrößen sind.

Hypermetabolismus: Wenn der Stoffwechsel auf Vollgas geht

Dein Stoffwechsel hat sich an das knappe Nahrungsangebot gewöhnt. Er läuft sozusagen auf Sparflamme. Bei der Umstellung zurück auf eine normale Ernährung geht er direkt von Sparflamme auf Vollgas, da er die zusätzlichen Kalorien direkt in Energie umsetzen möchte. Die Folge: Man isst mehr, nimmt aber nicht zu – oder sogar noch ab. Der Körper signalisiert zusätzlich schnell, dass er satt ist. Dieser Zustand kann einige Wochen dauern. Ein Essensplan zum Zunehmen bei Magersucht hilft, diese Situation zu überwinden. Wichtig ist, dass die Gewichtszunahme in kleinen Schritten über einen längeren Zeitraum erfolgt und du in engem Austausch mit deinen Therapeut:innen stehst, um diese Phase durchstehen zu können.

 Magersucht-Therapie: Ernährungsplan erstellen

Rezepte zum Zunehmen werden von Ernährungsexpert:innen zusammen mit dir erstellt. Natürlich werden dabei deine individuellen Vorlieben und Abneigungen berücksichtigt. Das erleichtert dir die Umsetzung im Alltag. Du sollst so viel wie möglich selbst entscheiden. So werden vor allem Lebensmittel, die dir Angst machen und „verboten“ sind, erst nach und nach in den Ernährungsplan zur Gewichtszunahme integriert.

So kann ein exemplarischer Magersucht-Recovery Plan zum Zunehmen aussehen:

  • Frühstück zum Zunehmen: 8 EL Müsli, 150 g Joghurt, 1 TL Honig, 1 Banane
  • Mittagessen zum Zunehmen: 100 g Nudeln + Grundsoße: 1 EL Mehl, 1 TL Butter, ½ Glas Milch, 1 Handvoll Erdbeeren, 1 Joghurt
  • Abendessen zum Zunehmen: 1 Brötchen, 2 Scheiben Toast, 4 TL Butter, 1 TL Frischkäse, 1 Scheibe Käse, 1 TL vegetarischer Aufstrich, 1 Scheibe Schinken, 3 Essiggurken
  • Zwischenmahlzeiten bestehen aus Obst, Müsliriegeln, Schokoriegeln oder Kekse

Zunehmen: Rezepte finden

Wenn du nach Essensplan zunehmen möchtest, besprich am besten mit deinen Ernährungstherapeut:innen den Magersucht-Essplan. Zunehmen kann einfach sein, wenn es schmeckt. Rezepte, zum Beispiel Frühstücksideen zum Zunehmen, gibt es häufig auch online in Magersucht-Recovery-Blogs von Menschen, die ihre Essstörung überwunden haben. In diesen Blogs erzählen Magersüchtige von ihren Magersucht-Recovery-Erfahrungen und geben Tipps zum Zunehmen. Interessante Seiten sind zum Beispiel:
www.romy-hoerbe.de: Nach überstandener Magersucht bietet Romy Hörbe als zertifizierter Coach ein Recovery-Coaching.
www.balancedkim.de: Hier findest du einen kostenlosen Recovery-Guide zum Herunterladen und Rezeptideen.

Essensplan: Magersucht hinter sich lassen

Du willst zunehmen. Plan ist, wieder dein Normalgewicht zu erreichen und zu halten. Wichtig ist daher für die Magersucht-Recovery Motivation. Deine Motivation könnte zum Beispiel sein, wieder ein schönes, normales Leben führen zu können, ohne die Einschränkungen der Essstörung. Daher ist es wichtig, dass du keine Mahlzeiten auslässt oder durch Erbrechen, Abführmittel oder Sport kompensierst. Das scheint dir anfangs vermutlich schwer. Doch der Essensplan kann dir dabei helfen. Je weiter du kommst, desto flexibler wirst du dein Essverhalten gestalten können und desto mehr Eigenverantwortung kannst du für dein Essverhalten übernehmen. Ziel ist für den Essensplan, nach Magersucht wieder auf deinen Körper und auf die Hunger- und Sättigungssignale hören zu können. 
Rückfälle sind auf diesem Weg normal. Dafür darfst du dich nicht verurteilen. Wenn es geschehen ist, kannst du daraus lernen und es vielleicht nächstes Mal schon ändern. Dabei hilft dir die Ernährungstherapie: Du kannst zum Beispiel lernen, die Zusammenhänge zwischen Essanfällen und deinem Essverhalten zu erkennen. So begünstigt ein sehr restriktives Essverhalten, wenn du dir also viel verbietest, Heißhungeranfälle. Eine geregelte Mahlzeitenstruktur nach Essensplan kann dir helfen, dieses Muster zu durchbrechen.

Instagram: Magersucht-Recovery und Social Media

Unter dem Hashtag #edrecovery findest du Instagram-Profile von Betroffenen, die ihre Magersucht-Recovery-Fortschritte mit anderen teilen. Du siehst ihren Weg der Genesung und was sie schon ohne Reue genießen können. Das kann ein Ansporn sein. Doch Vorsicht: Solche Accounts können dich auch triggern, wenn du noch nicht wirklich bereit bist. Vor allem „Vorher-Nachher“-Bilder können dich wieder einen Schritt in Richtung Magersucht treiben. Der Vergleich mit anderen kann dich in die Minderwertigkeits- oder Perfektionismus-Falle führen. Beides kann einen Rückfall bewirken. Andere Accounts zeigen, wie ehemals Magersüchtige jetzt exzessiv Sport treiben. Auch hier ist Vorsicht geboten. Die Magersucht gegen eine Sport-Sucht zu tauschen, bedeutet nicht, dass du gesund bist. Fazit: Recovery-Accounts können eine Hilfe sein. Doch wenn du dich zu sehr getriggert fühlst oder dich immer öfter dabei ertappst, wie du deine Fortschritte mit denen der anderen vergleichst, ist es eventuell eine gute Idee, eine Social-Media-Pause einzulegen. Gegebenenfalls kannst du die Accounts deinen Therapeut:innen zeigen. Sie können einschätzen, welcher für dich geeignet ist.

Magersucht-Recovery: Tipps

Für alle Essstörungen gilt: Je früher eine professionelle Beratung und Behandlung beginnt, umso größer sind die Heilungschancen. Magersucht-Recovery besteht zwar zu einem Großteil daraus, zuzunehmen und ein gesundes Essverhalten aufzubauen. Doch das gelingt nur, wenn du bei Stress und Konflikten neue Handlungsweisen entwickelst. Dabei hilft dir eine Psychotherapie. Hier lernst du, welche Faktoren deine Magersucht auslösen und aufrechterhalten. In einer Therapie entwickelst du Strategien, um einen Rückfall in die Magersucht zu verhindern.

Vielleicht fragst du dich auch, ob du auf deinem Weg zur vollständigen Magersucht-Recovery Sport treiben kannst. Das kann man pauschal nicht so einfach beantworten. Wenn du sehr untergewichtig bist, ist es erst einmal besser, gar keinen Sport zu machen. Später, wenn du schon weiter auf deinem Weg bist, kann ein moderates Krafttraining beim Muskelaufbau helfen. Am besten besprichst du deinen Sport-Plan mit deinen Therapeut:innen. Sie können dir helfen und gemeinsam mit dir einen Bewegungsplan aufstellen. 

Weitere wichtige Tipps und Schritte auf dem Weg zu vollständiger Magersucht-Recovery:

  • Denke immer daran, dass Recovery kein gerader Weg ist. Mal geht es bergauf, mal bergab, mal schneller, mal langsamer. Aber am Ende kommst du immer vorwärts, wenn du nur willst.
  • Die Motivation zur Genesung muss aus deinem Inneren kommen. Mache es nicht für andere, mache es für dich. 
  • Sprich mit jemandem, dem du vertraust, über deine Magersucht.
  • Suche dir professionelle Hilfe und Unterstützung in deinem sozialen Umfeld. 
  • Gestehe dir deine Gefühle zu. Du darfst sie haben und zeigen. 
  • Vergleich dich nicht mit anderen.
  • Konzentriere dich auf das Leben, das du führen möchtest und nicht auf die Magersucht.

Magersucht-Recovery: Hilfe finden

Hilfsangebote

Literaturtipps 

  • Janet Treasur, June Alexander: Gemeinsam die Magersucht besiegen. Ein Leitfaden für Betroffene und Angehörige. BELTZ. 15,95 €
  • Eva Goris: Und die Seele wird nie satt… Heyne. 7,95 €
  • Birgit Bravo: Eine Extraportion Selbstliebe, bitte. Bei Essstörungen neue Wege gehen: Magersucht Selbsthilfe, Bulimie Selbsthilfe, Esssucht Selbsthilfe. Independently published. 18,72 €

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Ein Artikel von

Michaela Asmuß Psychologin

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Quellenangaben

  1. Baumer, V. (Juli 2009). Ernährungstherapie bei Essstörungen. Ernährungsumschau 7/09, B25-B28. https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pfd_2009/07_09/EU07_B25_B28.qxd.pdf
  2. Beat Eating Disorders. (2022). Recoveryhttps://www.beateatingdisorders.org.uk/get-information-and-support/get-help-for-myself/recovery/
  3. BZgA Essstörungen. Allgemeine Fragen zu Essstörungen. https://www.bzga-essstoerungen.de/was-sind-essstoerungen/haeufig-gestellte-fragen/?L=0
  4. BZgA Essstörungen. Magersucht. https://www.bzga-essstoerungen.de/was-sind-essstoerungen/arten/magersucht/?L=0 Abgerufen am 11.02.22
  5. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (2007, Januar). Von Sparflamme auf Vollgas. Unizeit Nr. 40 https://www.uni-kiel.de/unizeit/index.php?bid=400202
  6. Feistner, R. (2018). Essstörungen – Heilung ist möglich. Klett-Cotta, 3. Auflage 2021.  Gaudiani Clicnic (28. Januar 2021) Hypermetabolism in Eating Disorder Recovery https://www.gaudianiclinic.com/gaudiani-clinic-blog/2021/1/28/hypermetabolism-in-eating-disorder-recovery
  7. HelpGuide (September 2020). Eating Disorder Treatment and Recovery. https://www.helpguide.org/articles/eating-disorders/eating-disorder-treatment-and-recovery.htm
  8. Herpertz S, de Zwaan M, Zipfel S (2008). Handbuch Essstörungen und Adipositas. Springer Medizin Verlag
  9. NEDA National Eating Dissorder Association (2022). Stages of Recovery. https://www.nationaleatingdisorders.org/stages-recovery
  10. Renate Feistner (2009). Mädchen an alle. http://www.maedchen-an-alle.de/index.html
  11. Nolte, A. Essstörungen (2013). Hilfe bei Anorexie, Bulimie und Binge-Eating. Stiftung Warentest.
  12. Treasure J, Alexander J (2014). Gemeinsam die Magersucht besiegen. Beltz, 7. Überarbeitete und erweiterte Auflage.
  13. Walden Behaviroal Care. 7 Secrets to Eating Disorder Recovery https://www.waldeneatingdisorders.com/blog/7-secrets-to-eating-disorder-recovery/ Abgerufen am 11.02.22

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