Wie heißt die Angst vor Clowns? Coulrophobie ist vor allem für Kinder bekannter, bei Erwachsenen jedoch eher ungewöhnlich. Aber warum haben wir überhaupt Angst vor Clowns und was macht einen Clown so gruselig?
Inhaltsverzeichnis
Warum haben Menschen Angst vor Clowns?
Die Gründe für Coulrophobie können vielfältig sein, die häufigsten beziehen sich jedoch auf das Erscheinungsbild und hängen mit folgenden Merkmalen zusammen:
- Auftritt unberechenbar
- Maskierung
- Bedrohliches eingefrorenes Lachen
- Mimik nicht erkennbar
- (pop) kulturelle Einflüsse (z.B. Filme, Comics)
- Stummheit
- normabweichendes Verhalten.
Kinder haben manchmal Angst vor Clowns, weil diese anders aussehen als “normale” Menschen oder die Menschen, die sie kennen. Zudem ist das Auftreten dieser Figuren oft unberechenbar, impulsiv und weicht von der Norm ab, die Kinder kennengelernt haben. Die Phobie vor Clowns kann auch durch das meist extrem weiß geschminkte Gesicht mit den überdeutlichen Gesichtsausdrücken verstärkt werden. Die Mimik wirkt durch die Schminke oder die Maske eingefroren und nicht lebendig, sodass Kinder Angst vor Clowns bekommen. Die Tatsache, dass manche Figuren auf der Straße oder im Zirkus nicht sprechen, also als stumme sich bizarr bewegende Wesen wahrgenommen werden, verbessert die beängstigende Situation nicht gerade. Indem Clowns als lustige Wesen zum Beispiel in Kinderkrankenhäusern oder kindgerecht in Filmen auftreten, kann einer Coulrophobie vorgebeugt werden. Ein erschreckender Clown hingegen, dem Kinder vielleicht auch noch zum ersten Mal begegnen, wird die Phobie vor Clowns nur schüren, statt ihr entgegenzuwirken.
Coulrophobie: Forschung nach Ursachen
Coulrophobie ist bei Erwachsenen meist zusätzlich durch popkulturelle Einflüsse geprägt. Man kennt Clowns vielleicht als lustige Figuren aus dem Zirkus, jedoch sind sie auch dunkles Sujet vieler Horrorfilme wie “ES” von Steven Spielberg oder der Joker in “Batman”. Das aufgemalte aber eingefrorene falsche Lachen, was viele vom Joker kennen, verrät nichts über die aktuelle Emotion des Clowns, da sich die Mimik nicht verändert und so eher bedrohlich als freundlich wirkt. Die Angst vor Clowns bezieht sich also bei Erwachsenen mehr auf das stark geschminkte Gesicht. Diese Furcht wurzelt vermutlich in tiefer liegenden Gründen, die eigentlich jede:n Menschen betreffen und sogar bei Säuglingen im Bereich der Bindungsforschung schon nachgewiesen werden konnten.
Wenn die Gesichtszüge, also die Mimik des Gegenübers, nicht eindeutig identifizierbar ist oder erstarrt, fühlen wir uns schnell unbehaglich und Babys bekommen sogar Angst und fangen an zu weinen. In einer groß angelegten Studie mit Säuglingen und deren Müttern aus den USA konnte das mehrfach gezeigt werden, denn sobald die Mütter nach einer Zeit des Nicht- Reagierens ein Lächeln aufsetzten, hörten die Babys auf zu weinen.
Erwachsene fragen sich in solchen Situationen womöglich nach der Motivation oder Intention des Handelns. Im Zusammenhang mit der Angst vor Clowns bei Kindern wird oft eine englische Studie zitiert, die jedoch falsch aufgefasst wird. Forscher:innen haben darin die Gestaltung von Stationen für Kinder in Krankenhäusern untersucht, da auch diese ja häufig mit Clowns bemalt sind. Hier wurde aber lediglich untersucht, ob die Dekoration der Wände bzw. die allgemeine Gestaltung der Räume kindgerecht ist, was sie im Ergebnis zwar nicht war, jedoch wird oftmals unterstellt, Kinder hätten auf Basis dieser Studie prinzipiell Angst vor Clowns.
Die Ursachen für Coulrophobie bzw. die Hintergründe der Angst vor Clowns lassen sich auch anhand einer weiteren Studie aus den USA sachlich erklären. Hier wurden Teilnehmer:innen befragt, welche Merkmale eine Person haben kann, die diese dann besonders oder allgemein gruselig wirken lassen. Im Ergebnis kam heraus, dass es größtenteils auch Merkmale von Clowns sind, die uns gruseln:
- auffällige/ komische Kleidung
- blasse Haut
- Augenringe
- in unpassenden Momenten lachen
- zu viel/ zu wenig Emotion
- Männer.
Der Horror- Clown: das böse Wesen?
Die Angst vor Clowns ist also eigentlich, betrachtet man die lustige Seite der Figuren, unberechtigt. Seine Aufgabe im Zirkus oder auf der Straße ist es, die Menschen zum Lachen zu bringen, nicht nur weil er so bunt angezogen ist und lustige Kunststücke mit seiner roten Nase macht, sondern auch weil er vielleicht tölpelhaftes Verhalten an den Tag legt. Trotzdem entwickeln Kinder und sogar einige Erwachsene eine Phobie vor Clowns. Ausgehend von den USA tauchten seit den 1980er Jahren negative Bilder in den Medien auf.
In Stephen Kings Roman “Es” aus dem Jahr 1986 tritt zum Beispiel “Pennywise”, ein gefürchteter Horror-Clown auf, der 1990 dann auch verfilmt wurde. Auch auf der Straße begannen Menschen sich wie Horror-Clowns zu verkleiden und schürten damit das Bild der Coulrophobie, indem Clowns als Mittel zum Erschrecken genutzt wurden. In den 1970er Jahren erlebte die Angst vor Clowns einen Höhepunkt, als der Serienmörder John Wayne Gacy als Clown verkleidet in Tötungsdelikte in 33 Fällen verwickelt war.
In Deutschland gab es ab den 2010er Jahren eine sogenannte Horror-Clown Bewegung, die darin resultierte, dass sich Menschen auf der Straße oder an Halloween als Clowns verkleideten und andere erschreckten. Gruselige Videos kursieren im Internet und Leute berichteten auch von Sichtungen der Clowns. Im Jahr 2016 häuften sich die Vorfälle und es kam zu vereinzelten Straftaten im Zusammenhang mit Clown-Verkleidungen.
In einem Tweet legte aber Stephen King Wert darauf zu erwähnen, dass Clowns nicht länger als Mittel des Schreckens, sondern als die lustigen Figuren aus der Kindheit verbreitet werden sollten.
Übrigens gibt es einige Gerüchte, dass auch berühmte Personen wie Robert Pattinson, Johnny Depp oder Daniel Radcliffe Angst vor Clowns haben sollen.
Hilfe ich habe Coulrophobie - Symptome
Die Clown- Phobie zählt im pathologischen Bereich zu den spezifischen (isolierten) Phobien und wird als Diagnose mit dem Code F40.2 vergeben. Typische Symptome von Phobien, die auch auf die Coulrophobie zutreffen können, sind:
- Unruhe und Angstgefühl beim Anblick eines Clowns/ Bild dessen
- Panikattacken
- Kurzatmigkeit
- Schwitzen
- Muskelverspannung
- erhöhte Herzfrequenz
- Schwindel
- Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall
- Sprachschwierigkeiten
- Atembeschwerden
- Bewusstseinsstörungen
- Angst vor Kontrollverlust
- Todesangst.
Laut ICD-11 werden Orte oder Situationen, die mit dem beängstigenden Objekt, im Fall der Coulrophobie also dem Clown, in Verbindung stehen gemieden oder unter größter Angst ertragen. Die Symptome halten mehrere Monate an und führen durch ihren Schweregrad zur Beeinträchtigung des persönlichen, alltäglichen und beruflichen (etc.) Lebens. Von spezifischen Phobien und so auch der Angst vor Clowns sind ca. 12% mindestens einmal im Leben betroffen. Üblicherweise tritt die Phobie erstmals im Kindesalter auf.
Die Clown- Therapie und mehr
Angst vor Clowns muss aber nicht das einzige furchterregende Bild sein, was die Figuren in Film und Buch hinterlassen: Clowns sind häufig Hauptdarsteller auf Kindergeburtstagen und werden sogar als gesundheitsfördernd eingestuft, wenn sie professionell unterwegs sind. So werden vor allem in Kinderkliniken, Altersheimen oder auch auf Demenzstationen Clowns zur Aufheiterung eingesetzt. Gerade bei Patient:innen, denen nicht zum Lachen zumute ist oder die an Depressionen leiden, können Clowns Wunder bewirken. Durch ihr auffälliges Benehmen und das offensichtlich tollpatschige Fehler machen, kommen sie gut an bei denen, die sich sonst nie erlauben, Fehler zu machen. Udo Berenbrinker, Gründer einer Clownschule, hat in einem Interview verraten, dass es gar nicht mal so leicht ist, den ganzen Tag Freude auszustrahlen und andere Menschen damit anzustecken. Die Ausbildung zum Diplom Schauspieler für Clown und Comedy in Verbindung mit der zum Gesundheitsclown dauert drei Jahre, wenn man ein richtig wirksamer Clown sein möchte. Berenbrinker sagte außerdem, dass Clowns gesucht werden, da die Nachfrage in Krankhäusern hoch sei und sogar das Arbeitsamt den Beruf “Clown” als Zukunftsjob ausgeschrieben hatte.
- Zum Hören: Der schweizerische Sender SRF hat eine Podcast Folge aus seiner Serie “100 Sekunden Wissen” zum Thema “Coulrophobie” veröffentlicht, die sehr unterhaltsam ist.
- Zum Lesen: “Der Weg der Masken” (1977) von Claude Levi- Strauß. Fachliteratur aus anthropologischer Sicht bietet dieses Buch für alle, die sich mehr mit dem Phänomen der Maske, die auch die Angst vor Clowns mit ausmacht, beschäftigen wollen. Denn wer eine Maske trägt braucht sich nicht an gesellschaftliche Regeln zu halten.
- Zum Nachdenken: Als die Zeit der Horror-Clowns ihren Höhepunkt 2014 in Deutschland erlebte, landete dieses Video mit dem Titel “Killer Clown Scare Prank!” einen viralen Hit und wurde mehr als 50 Millionen Mal angeklickt. (Das Video wurde von YouTube gelöscht.)
- Zum Sehen (für Unerschrockene): Diese kleine Liste der gruseligsten Filme mit Clowns empfiehlt sich für jede:n, der nicht an Coulrophobie leidet. Alle, die Angst vor Clowns haben wissen durch Filme wohl gewiss, ob sie eine Phobie vor Clowns haben und sollten hiervon die Finger lassen:
- “Clown” (2014) von Eli Roth
- “Es” (2017) nach Stephen King
- “The Dark Knight” (2008) mit dem berühmten “Joker”
Wie man Coulrophobie bekämpft
Im Alltag können Situationen oder Orte und Medien, die Clowns involvieren gut vermieden werden. Für Kinder ist es wichtig, dass wenn die Angst vor Clowns erkannt wurde, der Zirkus gemieden wird und auch sonstige Filme mit Clowns nicht angesehen werden. Ist die Coulrophobie jedoch so stark ausgeprägt, dass sie sich auf den Alltag auswirkt kann eine Psychotherapie ratsam sein. Da man die Angst vor Clowns zu den spezifischen Phobien zählen kann, wird sie im therapeutischen Setting auch als solche behandelt.
Typische Verfahren, die man allgemein aus der Praxis der Verhaltenstherapie für solche Fälle kennt, sind zum Beispiel die Konfrontationstherapie oder auch das Angst- Managementtraining. Damit eine Therapie der Coulrophobie erfolgreich gelingt, ist die positive und lösungsorientierte Einstellung des bzw. der Betroffenen maßgeblich.
Bei einer kognitiven Verhaltenstherapie wird versucht die Ursache und den Wirkungszusammenhang der Angst vor Clowns zu ermitteln, indem auch erlernte Ängste und Denkmuster mit einbezogen werden.
Auf der kognitiven Verhaltenstherapie basiert auch der GAS (generalisierte Angststörung) - Kurs von Selfapy, den es kostenfrei auf Rezept gibt. Hierbei werden mit operanten Techniken über Videos, Audios oder einem Tagebuch in der App einfach erlernbare Strategien vermittelt, um die Angst selbst wirksam in den Griff zu kriegen. Zu den operanten Verfahren zählen allgemein bekannte Techniken wie die Belohnung und Bestrafung oder auch Verhaltenslöschung.
Quellenangaben
- https://de.wikipedia.org/wiki/Coulrophobie
- https://www.focus.de/wissen/praxistipps/coulrophobie-warum-menschen-angst-vor-clowns-haben_id_7589861.html
- https://www.lernen.net/artikel/coulrophobie-17315/
- Jean M. Arsenian: Young children in an insecure situation. In: Journal of Abnormal Social Psychology. 38, 1943, S. 225–249, doi:10.1037/h0062815. Siehe dazu und zur Vorläuferarbeit von F. Wiehe: G. Stemberger: Jean M. Arsenian (1914–2007). Kurt Lewin und die Anfänge der Bindungsforschung. In: Phänomenal - Zeitschrift für Gestalttheoretische Psychotherapie. 1–2/2012, S. 89–91.
- M. Dornes: Die frühe Kindheit. Entwicklungspsychologie der ersten Lebensjahre. Frankfurt am Main, Fischer 1997, ISBN 3-596-13548-6.