Umgang mit depressiven Freund*innen: Wie kann ich helfen?

Depressionen können Menschen drastisch verändern. Ein*e gute*r Freund*in, die*der früher einmal lebensfroh, abenteuerlustig, leidenschaftlich und gesellig war, zieht sich auf einmal zurück, denkt nur noch negativ über die Zukunft, wirkt verzweifelt und hilflos. Das könnte ein Anzeichen für eine Depression sein. Doch was ist beim Umgang mit depressiven Freund*innen zu beachten?
Die Zahl der Menschen mit Depression steigt rasant an. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren 2015 insgesamt ca. 322 Millionen Menschen betroffen. Das sind 4,4 % der gesamten Weltbevölkerung und 18 % mehr als vor 10 Jahren. In Deutschland selbst leben heute ungefähr 4,1 Millionen depressive Menschen, also 5,2 % der Bevölkerung.
Natürlich willst du Menschen, die dir am Herzen liegen, helfen. Du kennst dich aber mit dem richtigen Verhalten bei Depressionen nicht aus? Kein Problem. In diesem Artikel geben wir dir ein paar Tipps mit an die Hand, sodass du dich im Umgang mit depressiven Freund*innen sicherer fühlst und bewusst handeln kannst.
Falls du nur eine Vermutung hast, dass einer deiner Lieblingsmenschen unter Depressionen leidet, kannst du in Artikel die Symptome nachlesen.
Sechs Tips für den Umgang mit depressiven Freund*innen
In den folgenden Abschnitten werden wir ein paar der wichtigsten Punkte ansprechen, wie du gemeinsam mit einer*m Freund*in schwere Zeiten überstehen kannst. Deine Möglichkeiten der Unterstützung sind jedoch nicht auf unsere Ratschläge begrenzt – informiere dich über das Krankheitsbild, sodass du noch besser helfen kannst.
Vorab solltest du erkennen, dass die Gedanken und das Verhalten deiner*s Freund*in nichts mit dir persönlich zu tun haben. Auf gar keinen Fall möchte sie*er dich verletzen. Unkontrollierte Verhaltensmuster sind Symptome des Krankheitsbildes. Nicht selten schämen sich die Betroffenen selbst für ihr impulsives Handeln. Je mehr du also über die Krankheit weißt, desto eher kannst du Missverständnisse vermeiden und bewahrst dein eigenes Wohlbefinden.
#1 Vermeide gut gemeinte Ratschläge
Egal in welcher Situation, im ersten Moment neigen Menschen immer gerne dazu, gut gemeinte Ratschläge zu geben. Denn natürlich willst du helfen. Aber im Umgang mit depressiven Menschen bewirken Aussagen wie “Fahr doch mal in den Urlaub und entspann dich.”, oder “Schalt einfach mal ab.” nur das Gegenteil.
Betroffene isolieren sich automatisch von ihrer Umgebung, weil sie sich schlecht fühlen und sich von niemandem verstanden fühlen. Mit den richtigen Worten kannst du depressiven Freund*innen ein Stück weit den Schmerz nehmen, Mut machen und gegebenenfalls aus ihrem Versteck locken, um schrittweise wieder mit Freude am Leben teilzunehmen.
Folgende Worte können helfen:
- “Du bist mir wichtig.”
- “Wir schaffen das zusammen.”
- “Du bist nicht alleine.”
- “Ich bin für dich da.”
- “Es ist okay, wenn du heute nicht kannst.”
Mitleid ist an dieser Stelle unangebracht. Damit Betroffene ihr Selbstwertgefühl wiedererlangen, sind Zuneigung und Verständnis das A und O.
#2 Unterstütze Betroffene im Alltag
Für den Betroffene bist du ein*e Begleiter*in. Du kannst bei Aufgaben im Alltag helfen, bei denen vielleicht Unterstützung benötigt wird. Das kann alles sein vom Lebensmitteleinkauf, über Wäschewaschen, bis zum Blumengießen. Dabei ist es wichtig, die Hilfe nicht aufzudrängen, am besten ist es, die Nachfrage kommt von den Betroffenen selbst.
Gemeinsame, kleinere Aktivitäten können depressiven Freund*innen ebenso gut tun. Wissenschaftler*innen haben zudem herausgefunden, dass man durch eine gesunde Ernährung und Sport bzw. Bewegung seine mentale Gesundheit verbessern kann. Das heißt, ein gemeinsamer Einkauf auf dem Wochenmarkt, kochen und ein Spaziergang an der frischen Luft können gemeinsame Aktivitäten sein, die zum Wohlbefinden Betroffener beitragen können.
Bitte beachte jedoch Folgendes: Gib deiner*m Freund*in genug Raum und lasse sie*ihn selbst entscheiden, wann sie*er wie viel Hilfe benötigt. Handle unterstützend, nicht bevormundend. Natürlich kann es passieren, dass du manchmal ratlos oder unsicher im Umgang mit Betroffenen bist. Das ist okay. Dafür gibt es Expert*innen, bei denen auch du dir Rat holen kannst. An wen du dich wenden kannst, erfährst du in unserem nächsten Punkt.
#3 Unterstütze bei der Suche nach professioneller Hilfe
Wenn Betroffene sich entscheiden Hilfe zu suchen, kannst du bei der Suche nach passenden Expert*innen unterstützen – so wie du es bei einer anderen Krankheit auch tun würdest. Bei Depressionen können Ärzt*innen, Therapeut*innen und die kassenärztliche Vereinigung zum Erstgespräch bei einer*m Psychotherapeut*in geeignete Ansprechpartner*innen sein.
Zum Beispiel kannst du einige Kandidat*innen heraussuchen, Therapievorschläge machen und Termine vereinbaren. Oft können sich Betroffene nur schwer aufraffen oder haben Angst vor Verurteilung. Denke jedoch immer daran, dass eine offene Kommunikation mit deiner*m betroffenen Freund*in grundlegend ist, um eine respektvolle und vertrauensvolle Beziehung aufrechtzuerhalten. Nichts passiert ohne ihre*seine Zustimmung. Das heißt, auch ein “Nein” musst du akzeptieren.
Als ersten Anhaltspunkt kannst du deiner*m Freund*in zum Beispiel unseren Depressions-Kurs vorschlagen, um ihr*sein Wohlbefinden zu steigern.
#4 Gewinne Unterstützung bei Freund*innen & Familie
Vielleicht bist du bereits Zeug*in davon geworden, dass die seelische Erkrankung deiner*s Freund*in den Kontakt und das Verhältnis zu anderen Freund*innen und Familienmitgliedern beeinträchtigt. Reagieren sie verstört und verwirrt auf die Symptome ihres*seines Leidens? Das liegt mit großer Wahrscheinlichkeit daran, dass sie nicht wissen, was los ist oder wie sie mit der Krankheit umgehen sollen.
In dieser Situation kannst du beispielsweise mit deiner*m betroffenen Freund*in besprechen, welche Personen von der Diagnose erfahren sollen, um Verständnis und Unterstützung zu gewinnen. Sehr wichtig ist für sie*ihn, dass sie*er Rückendeckung hat und sich auf das eigene Umfeld verlassen kann.
#5 Übe dich in Akzeptanz
Akzeptiere, dass dein*e Freund*in krank und in sehr schlechter Verfassung ist. Depressionen können zwar nur eine Phase sein, aber man weiß nie, wie lange diese noch anhält. Es wird immer Momente geben, in denen dein*e depressive*r Freund*in Bedenken äußert oder verzweifelt ist. Erinnere sie*ihn dann daran, dass die Erkrankung gut behandelt werden und vorübergehen kann. Halte dich außerdem mit Aussagen wie “Das ist doch alles gar nicht so schlimm.”, oder “Lach doch mal.”, zurück. Das hilft Betroffenen nicht weiter, sondern kann in Frustration und noch größerer Isolation gipfeln.
#6 Achte auf deine Gesundheit
Für eine gute Unterstützung musst du gesund sein. Niemandem ist geholfen, wenn du nicht auf dich Acht gibst. Der Umgang mit depressiven Freund*innen kostet Kraft, daher raten wir dir, deine Belastbarkeitsgrenzen zu kennen und dir Auszeiten zu nehmen. Tue dir was Gutes, indem du deinen Hobbys nachgehst, dich mit anderen Menschen und deiner Familie triffst und einfach machst, worauf du gerade Lust hast.
Vielleicht hast du außerdem das Bedürfnis, dich mit anderen Angehörigen oder Freund*innen psychisch Erkrankter zu vernetzen, damit ihr euch über den Umgang mit depressiven Menschen austauschen und natürlich über eure eigene Gefühlslage sprechen könnt. Selbsthilfegruppen stellen zum Beispiel eine solche Art Unterstützerkreis dar. Zusätzlich gibt es professionelle Hilfe, Beratung und Betreuung für Angehörige und Freund*innen von Betroffenen. Auch du bist nicht alleine!
Quellenangaben
- Bundesgesundheitsministerium Stiftung Deutsche Depressionshilfe
- DPA/Ärzteblatt.de (2017). WHO: Millionen leiden an Depressionen. Online verfügbar unter https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/73297/WHO-Millionen-leiden-an-Depressionen (letzter Zugriff: 19.03.2021)
- Hammer, M., Plößl, I. (2015). Irre verständlich: Menschen mit psychischer Erkrankung wirksam unterstützen. 3. Aufl. Psychiatrie Verlag
- Hautzinger, M. (2018). Ratgeber Depression: Informationen für Betroffene und Angehörige. 2. Aufl. Hogrefe