
Im Winter fühlen sich viele Menschen niedergeschlagen, lustlos und erschöpft. Die kalte Jahreszeit drückt auf das Gemüt und bringt häufig Antriebslosigkeit und Melancholie mit sich. Wenn diese Stimmung länger anhält, kann es sich um eine Winterdepression, oder auch saisonale Depression handeln. Als saisonale Depression wird allgemein eine chronische Depression bezeichnet, die zu einer bestimmten Jahreszeit gehäuft auftritt. Anders als oft angenommen meint dieser Begriff jedoch nicht nur eine durch Mangel an Tageslicht im Herbst oder Winter auftretende Depression. Auch im Sommer kann eine saisonale Depression, die Sommerdepression, auftreten.
Hier erklären wir, wodurch diese spezielle Form der Depression hervorgerufen wird und was konkret dagegen unternommen werden kann.
Wie äußert sich eine Winterdepression
Melancholische Stimmung im Winter, Niedergeschlagenheit und Verstimmungen ohne Grund? Das sind die typischen Symptome einer saisonal auftretenden Störung des Gefühlslebens (SAD = „seasonal affective disorder“). Die Anzeichen des sogenannten „Winterblues“ zeigen sich typischerweise in den Herbst- und Wintermonaten und bilden sich im Frühjahr wieder zurück.
Die Symptome sind atypisch für eine Depression: Beim Winterblues findet durch Heißhungerattacken meist eine Gewichtszunahme statt (anstelle von Appetitverlust), zudem haben die Betroffenen ein vermehrtes Schlafbedürfnis (anstelle von Ein- und Durchschlafstörungen). Es können auch körperliche Beschwerden wie Rückenschmerzen oder ein Schweregefühl in den Extremitäten auftreten. Etwa jede*r dritte Deutsche leidet unter einem Stimmungstief im Winter, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer.
Wodurch entsteht eine Winterdepression?
Die gedrückte Stimmung im Winter hängt vor allem mit der geringen Tageslichtzufuhr zusammen. Durch den Lichtmangel schüttet der Körper weniger Endorphine aus, die sich positiv auf die Stimmung auswirken. Hinzu kommt, dass der Körper bei fehlendem Tageslicht weniger Vitamin D produziert, denn das wertvolle Vitamin wird bei Sonnenlicht in der Haut gebildet. Vitamin-D-Mangel kann zu Konzentrationsschwäche und Ermattung führen.
Ein weiterer Faktor ist die verstärkte Bildung von Melatonin im Winter. Die Augen nehmen weniger Licht über die Netzhaut auf, was dafür sorgt, dass der Körper vermehrt Serotonin in Melatonin umwandelt. Melatonin wird umgangssprachlich auch als „Schlafhormon“ bezeichnet und sorgt für das ständige Müdigkeitsgefühl.
So viel Tageslicht wie möglich tanken
Bei einer Winterdepression ist es wichtig, sich regelmäßig im Freien zu bewegen und möglichst häufig bei Tageslicht spazieren zu gehen. Forscher haben herausgefunden, dass schon ein kurzer Spaziergang von etwa 20-30 Minuten ausreicht, um den Körper mit Vitamin D zu versorgen. Dies geht ganz einfach im Alltag: Mit dem Fahrrad in die Arbeit fahren, ein Spaziergang im Park in der Mittagspause oder Sport an der frischen Luft. Je mehr Sonnenlicht auf die Hautoberfläche fällt, desto besser ist man gegen eine Winterdepression gewappnet.
Eine weitere Möglichkeit ist die Lichttherapie mit einer Tageslichtlampe – diese Methode ist in Skandinavien weit verbreitet. Es sollten allerdings nur spezielle, geprüfte Geräte und nur etwas 30 Minuten am Tag verwendet werden. Idealerweise morgens und abends. Die UV-B-Strahlung hemmt die Melatoninbildung und regt den Körper dazu an, mehr vom „Glückshormon“ Serotonin zu produzieren.
Bewegung gegen Depression im Winter
Wer im Winter regelmäßig Sport treibt und sich viel bewegt, senkt das Risiko für eine depressive Verstimmung. Besonders Ausdauersport wie Joggen wirkt antidepressiv. Eine Studie, die im „American Journal of Psychiatry“ veröffentlicht wurde, belegt die positiven Auswirkungen auf den Körper. Unabhängig von Gewicht und Alter setzt der Körper bei sportlicher Betätigung verschiedene Botenstoffe frei, die sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken. In der Studie heißt es: „Die Auswertung der Daten konnte belegen, dass Teilnehmer, die sich nur wenig bewegten, ein größeres Risiko hatten, eine Depression zu entwickeln, als die Teilnehmer*innen, die eine hohe körperliche Aktivität aufwiesen.“
Neben der sportlichen Betätigung sollten in den dunklen Monaten immer wieder Aktivitäten eingeplant werden, die gut tun und für kleine Glücksmomente sorgen. Auch mit einer festen Tagesstruktur kann einer Depression im Winter entgegengewirkt werden – mit einem ausgeglichenen Verhältnis von Pflichten und angenehmen Tätigkeiten.
Hilfe bei einer Winterdepression
Wenn die Symptome länger anhalten, sollte man professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um aus der negativen Gedankenspirale herauszukommen. Eine Therapie kann helfen, aktiv am Wohlbefinden zu arbeiten und die Depression im Winter in den Griff zu bekommen.
Die Selfapy Online-Kurse unterstützen dich dabei: Wöchentliche Übungsaufgaben helfen dir dabei, einen strukturierten Tagesablauf zu planen und negative Gedankenmuster zu durchbrechen.
Was ist eine Sommerdepression?
Eine saisonale Depression kann ebenso im Sommer auftreten. Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich hierbei jedoch nicht um eine eigenständige, durch spezifische Faktoren beeinflusste Erkrankung. Vielmehr beeinflusst der Sommer eine eventuell schon vorhandene Depression.
Wie äußert sich eine Sommerdepression?
Viele Menschen sind im Sommer aktiver, verbringen mehr Zeit im Freien und scheinen bessere Laune zu haben. Leidet man selbst unter einer affektiven Störung und Niedergeschlagenheit, so zeigt sich das im Sommer noch deutlicher. Die Diskrepanz zwischen der eigenen Stimmung und der positiver erscheinenden Grundstimmung in der Bevölkerung scheint größer zu sein. Hinzu kommt oft ein bei einer Depression typisches Schuldgefühl: Betroffene werden von Gedanken wie „Nicht einmal bei strahlendem Sonnenschein schaffe ich es aus dem Haus”, oder „Nicht einmal im Urlaub verschwindet meine schlechte Stimmung”, gequält. – Bei schweren Depressionen ist eine Reise daher auch nicht ratsam. Der Urlaub kann Depressionen sogar verschlimmern.
Abgrenzung zu klassischer und Winterdepression
Die Symptome einer sogenannten Sommerdepression sind nicht zwingend dieselben wie bei einer klassischen Depression oder bei der Winterdepression. Betroffene sind oft hyperaktiv, leiden unter Schlafstörungen und Appetitlosigkeit. Die Winterdepression hingegen äußert sich eher durch Symptome wie Apathie und Heißhungerattacken. Von der Sommerdepression sind deutlich mehr Frauen betroffen als Männer. Nicht nur Vergleiche mit der Stimmung anderer werden zum Thema, auch Vergleiche mit dem Körper anderer Menschen. Daraus können schnell Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und dem eigenen Aussehen resultieren.
Hilfe für Betroffene von Sommerdepression
Wie bei der klassischen Depression auch, sollte bei einer Sommerdepression das Gespräch mit einer*m Ärzt*in oder Therapeut*in gesucht werden. Schon Gespräche mit Freund*innen und Familie können hilfreich sein, denn als erster Schritt ist die Krankheitseinsicht wichtig. Im weiteren Verlauf eignet sich die Methode der Verhaltenstherapie gut zur Behandlung von Depressionen. Negative Gedankenspiralen und Denkmuster sollen aufgebrochen und neue Bewältigungsstrategien sowie die Umbewertung von Emotionen erlernt werden.
Quellenangaben
1. Bracher, Thorsten (2018). Isolation statt Lebensfreude: Viele rutschen gerade im Sommer in Depressionen. Online verfügbar unter https://www.focus.de/gesundheit/experten/sommerdepression-warum-viele-gerade-im-sommer-ungluecklich-sind_id_9261710.html [22.07.20].
2. Deutsche Familienversicherung (2018). Winterdepression: Symptome erkennen und rechtzeitig handeln. Online verfügbar unter https://www.deutsche-familienversicherung.de/krankenhauszusatzversicherung/ratgeber/artikel/winterdepression-symptome-erkennen-und-rechtzeitig-handeln/ [22.07.20].
3. Fedda, G.L., Tondo, L., Teicher, M.H., Baldessarini, R.J., Gelbard, H.A., & Floris, G.F. (1993). Seasonal mood disorders: patterns of seasonal recurrence in mania and depression. Archives of general psychiatry, 50(1), 17-23.
4. Rummel-Kluge, Christine (2020). Gibt es die „Sommerdepression“? Online verfügbar unter https://www.spektrum.de/frage/gibt-es-die-sommerdepression/1580342 [22.07.20].
5. Teggatz, Timo (2019). Hitze bringt mehr Sommerdepressionen. Online verfügbar unter https://www.welt.de/gesundheit/article197603113/Sommerdepressionen-eine-weitere-Kehrseite-der-Hitze.html [22.07.20].